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Landeshauptstadt: Weg vom Tod

21 Kinder und Mütter aus Beslan besuchten den Filmpark Babelsberg

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21 Kinder und Mütter aus Beslan besuchten den Filmpark Babelsberg Sie lachen und staunen wie ganz normale Kinder. Lassen sich schminken und verkleiden bei den Masken- und Kostümbildnern des Filmparks und träumen sich in frühere Zeiten. Völlig normal eigentlich. Doch für die 21 Mütter und Kinder aus der Schule Nr. 1 aus Beslan, die am Donnerstag auf Einladung der brandenburgischen Staatskanzlei den Babelsberger Filmpark besuchten, ist nichts normal. Seit dem 1. September 2004, als tschetschenische Rebellen diese Schule stürmten und über 1200 Schüler, Lehrer, Eltern als Geiseln nahmen, ist die Welt für sie eine andere. „Unsere Gäste wollen nicht mehr darüber sprechen, was sie erlebt haben, sie wollen den Aufenthalt genießen, nicht an Beslan denken“, sagt Ljuba Schmidt vom Verein „Hilfe für Tschernobyl-Kinder in Brjansk“. Gemeinsam mit der Diakonie hat man bereits zum zweiten Mal einen mehrwöchigen Aufenthalt der traumatisierten Kinder und Eltern in Deutschland organisiert. „Wir wurden kurz nach dem Drama gefragt, ob wir uns auch für diese Menschen einsetzen könnten“, erklärt Schmidt ihr Engagement. Entspannt wirken die Kinder und Mütter hier, freuen sich über die sorglosen Stunden im Filmpark. „Die Spaziergänge sind sehr schön“, sagt die 14-jährige Anjela Parsiewa. Begeistert habe sie auch der Besuch bei „Stars in Concert“ oder die 3-D-Kino-Vorführung. „Und die Woche in St. Peter-Ording war schön, vor allem das Schwimmen“, sagt sie. Währenddessen dreht und wendet sich ihre Freundin Sarina Kastnewa in einem ausladenden Kleid. „Das gefällt mir hier“, gesteht sie mit einem schüchternen Lächeln. Auch eine der Helden von Beslan, die Ärztin Larisa Mamitova und ihr Sohn Tamerlan genießen – wenn auch sehr still – die Abwechslung. Mamitova war eine der wenigen Geiseln, die ihre Zusammenarbeit mit den Geiselnehmern angeboten hatte, Verhandlungen führte und den Kindern ständig zur Seite stand. Währenddessen saß ihr Sohn Tamerlan die gesamte Zeit neben einem Terroristen, der seine Kalaschnikow ständig auf den Jungen gerichtet hatte. „Die Frau ist gebrochen, invalide, kann nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten“, berichtet Schmidt. Der 13-jährige Sohn ist schwer traumatisiert. Der hiesige sorgenfreie Alltag lässt die Erinnerung an das furchtbare Erlebnis in der Schule zumindest vorübergehend in den Hintergrund rücken. „Wir haben, als die Mütter und Kinder hierher kamen, einmal über die Erlebnisse in der Schule Nr. 1 gesprochen“, so Schmidt. Danach wurde das Thema nicht mehr angeschnitten. Psychologische und musiktherapeutische Betreuung seien aber während des ganzen Aufenthalts gewährleistet. Wichtig sei es, „vom Tod weg zu kommen“, weiß Ljuba Schmidt. Das gelingt auch über einen geregelten Tagesrhythmus. „Zugegeben, das ist schwer“, räumt sie ein. Fast alle hätten gravierende Schlafstörungen, so dass die Frühstückszeit gleitend ist. „Dann gibt es Schulunterricht, am Nachmittag Ausflüge, Arztbehandlungen, Betreuung.“ Ljuba Schmidt erkennt, dass die Schüler keine Angst haben. „Viele verbinden mit der Schule Terror, Tod und Leid. Zudem gab es erst kürzlich in der Ausweichschule Nr. 6 in Beslan erneut einen Terror-Alarm“, berichtet Schmidt. Einige meinten, so genannte Schwarze Witwen – tschetschenische Selbstmordattentätterinnen – entdeckt zu haben. „In Beslan kommt keiner zur Ruhe, die Lage ist nach wie vor schwierig.“ Staatskanzlei-Chef Clemens Appel bekräftigt, dass die Landesregierung auch weiterhin solche Rehabilitationsaufenthalte gern unterstützen werde. „Zu wissen, was diese Kinder trotz ihrer jungen Jahre schon durchmachen mussten, geht mir ziemlich nahe“, sagt der Staatskanzleichef. Kay Grimmer

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