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Landeshauptstadt: Weitere Tafel-„Paten“ gesucht

Seit gestern können Potsdamer auf Tafeln über Toleranz diskutieren – jedoch nicht in allen Stadtteilen

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Innenstadt – Die Neuauflage des Toleranzediktes geht in eine neue Runde. Gestern wurden stadtweit 14 Diskussionstafeln aufgestellt. Darauf sollen sich Bürger und Besucher der Stadt bis Ende Mai zu den Themen Weltoffenheit und Toleranz äußern, erklärte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Nachmittag in der Brandenburger Straße. Die Diskussionstafeln sind Teil des Toleranzedikt-Projektes, das noch bis Ende des Jahres läuft und vom Verein ProWissen e.V. koordiniert wird (PNN berichteten).

Unter den Augen von etwa zwei Dutzend Passanten weihte Jakobs gestern an der „Familie Grün“ zusammen mit Wolfgang Cornelius (CDU), dem Chef der Händlergemeinschaft „AG Innenstadt“, eine der Diskussionstafeln ein. „Die AG Innenstadt freut sich auf Gäste aus aller Welt“, schrieb Cornelius auf die etwa zwei mal zwei Meter große Papptafel. Jakobs setzte daneben: „Potsdam hatte schon immer Platz für viele Menschen und Kulturen. Das macht den Charme der Stadt aus. Das soll so bleiben!“

Zwei Tafeln gibt es nun allein in der Brandenburger Straße. Dort werden sie täglich von 8 bis 20 Uhr zum Beschreiben zur Verfügung stehen, sagte Cornelius. Weitere Standorte sind unter anderem vor dem Kino „Thalia“ in Babelsberg, beim Bürgerhaus am Schlaatz, in den Bahnhofspassagen, vor dem Stadthaus und der Friedenskirche.

In anderen Stadtteilen, wie zum Beispiel Am Stern oder in Waldstadt, hätten sich bisher allerdings keine „Paten“ gefunden, sagte Projektkoordinator Daniel Wetzel. Denn jede der Tafeln werde persönlich „betreut“, erklärte er. So sollen die Aufsteller zum Beispiel bei Regen und über Nacht in die Häuser geholt werden. Außerdem müssten vollgeschriebene Tafeln ausgetauscht werden. Interessierte Tafel-„Paten“ sind immer noch willkommen, so Wetzel. Insgesamt seien bis zu 60 Tafeln geplant. In den kommenden Tagen werden Diskussionstafeln an den Potsdamer Hochschulen und weiterführenden Schulen aufgestellt.

„Wir werden die Tafeln nicht zensieren“, betonte Jann Jakobs. Die Auseinandersetzung mit möglicherweise auftauchenden radikalen Äußerungen müssten „die Potsdamer selbst in die Hand nehmen“, so der Oberbürgermeister. Das Ergebnis des Prozesses soll Ende des Jahres in einer Ausstellung zu sehen sein.

Bereits am Mittwochabend hatten die Stadtverordneten über ihr Engagement für das Toleranzedikt diskutiert. Sie einigten sich darauf, eigene Anregungen und Vorschläge bis September zu sammeln und zu sichten. Auf Anregung von Jan Wendt (Die Andere) sprachen sie sich jedoch dagegen aus, die Vorschläge der Bürger zu kommentieren. Die Stadtverordneten hätten „keinen Anspruch auf Führerschaft“, sagte Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg.

Zurückhaltend verhielten sich gestern die Passanten in der Brandenburger Straße: Subedi Shankar etwa wollte sich erstmal über das Projekt informieren. Er sei aufmerksam geworden, weil er den Oberbürgermeister gesehen habe, erklärte der Koch eines indischen Restaurants, der vor neun Jahren aus Bhutan nach Potsdam gezogen ist. Er fühle sich in der Landeshauptstadt wohl, betonte er. Adolf Rapphold aus Berlin blieb verwundert vor der Tafel stehen. „Toleranz ist ja schön und gut“, erklärte der 50-Jährige. Er halte jedoch „den Islam“ für „gefährlich“. Mit einem schriftlichen Beitrag wollte er sich gestern aber nicht an der Tafel verewigen: „Wir sind ja nur zu Besuch hier.“ Jana Haase

www.potsdamer-toleranzedikt.de

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