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Landeshauptstadt: Welterbe, zugesperrt

Erstmals muss die Schlösserstiftung Welterbeanlagen in größerer Zahl fürs Publikum schließen. Es ist auch ein Signal für künftige Budgetverhandlungen

Von Peer Straube

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In der Geschichte der Schlösserstiftung ist das bislang einmalig – zum ersten Mal überhaupt müssen Welterbeschlösser in größerer Zahl für das Publikum geschlossen werden. Gleich sechs Ausflugsziele bleiben im kommenden Jahr für das Publikum unzugänglich: das Dampfmaschinenhaus – besser bekannt als Moschee – an der Neustädter Havelbucht, das Belvedere auf dem Klausberg, der Hofdamenflügel des Schlosses Sanssouci, der Normannische Turm auf dem Ruinenberg, die nach dem Hofmaler Friedrichs II. benannte Pesne-Galerie im Neuen Palais und das Casino im Schlosspark Glienicke in Berlin.

Die Maßnahme sei zwar „schmerzhaft“, sagte Stiftungschef Hartmut Dorgerloh am Dienstag, aber unabwendbar. Sie soll helfen, im kommenden Jahr eine Million Euro im Stiftungsetat einzusparen. Zwar habe man im laufenden Jahr sehr gut gewirtschaftet – allein durch Ticketverkäufe seien 8,4 Millionen Euro erwirtschaftet worden, ein Plus von fast elf Prozent gegenüber 2014 –, allerdings rechne man für das kommende Jahr mit deutlichen Einbußen. So stünden der Stiftung mit der Orangerie und dem Theatersaal des Schlosses Charlottenburg in Berlin zwei große Geldbringer nicht zur Verfügung, weil sie saniert werden und daher nicht vermietet werden können, so Dorgerloh. Darüber hinaus fielen Kosten für den Umzug der Restaurierungswerkstätten, des Archivs und der Bibliothek ins neue Wissenschafts- und Restaurierungszentrum in der Zimmerstraße an, das 2016 eröffnet werden soll.

Die Schlösser, die im kommenden Jahr zubleiben, rangieren in der Publikumsgunst nur unter „ferner liefen“. Keines der Häuser hatte 2014 mehr als 10 000 Besucher, fast alle liegen deutlich darunter. Für den Damenflügel des Schlosses Sanssouci etwa, den sich Friedrich Wilhelm IV. als Sommerresidenz herrichtete, interessierten sich knapp 8500 Menschen, das Casino Glienicke, das Schlusslicht der Liste, zählte nur 1500 Gäste. Ein wirtschaftlicher Betrieb dieser Schlösser sei daher ohnehin sehr schwierig, sagte Dorgerloh.

Ein Stellenabbau sei mit der Maßnahme nicht verbunden, erklärte Dorgerloh. Weder bei der Stiftung noch bei ihrer Servicegesellschaft „Fridericus“ würden festangestellte Mitarbeiter ihre Jobs verlieren. Die Einsparungen beträfen saisonale Arbeitskräfte, die 2016 nicht beschäftigt würden. 2017, so das Ziel, sollen die Schlösser wieder geöffnet sein – weil sich dann auch die Einnahmen wieder erhöhen werden, so zumindest die Hoffnung.

Dennoch will Dorgerloh die Schließung auch als Warnsignal an die drei Stiftungsgeber – der Bund, Berlin und Brandenburg – verstanden wissen. 2016 soll über die künftige Höhe des Stiftungshaushalts für die Jahre 2018 bis 2023 verhandelt werden. Derzeit bekommt die Stiftung jährlich 35,5 Millionen Euro. Das reiche nicht mehr aus, erklärte der Stiftungschef. Betriebskosten, Personal, Bauunterhalt – fast überall seien die Kosten dramatisch gestiegen. Allein für den laufenden Unterhalt an ihren Gebäuden müsse man zu einer Verdopplung des Budgets kommen. Bislang stehen dafür jährlich knapp zwei Millionen Euro zur Verfügung.

Bei Investitionen hingegen kann die Stiftung künftig aus dem Vollen schöpfen. Wie berichtet hatte die Bundesregierung in der vergangenen Woche den Weg für einen zweiten Masterplan zur Rettung bedrohter Preußenschlösser frei gemacht, Volumen: 400 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im aktuellen Masterplan darf die Stiftung knapp 160 Millionen Euro ausgeben. Vom zweiten Paket übernimmt der Bund die Hälfte, den Rest soll Brandenburg zu zwei Dritteln und Berlin zu einem Drittel zahlen. Sollten beide Länder dem zustimmen, wäre damit zum ersten Mal überhaupt eine Grundinstandsetzung aller Schlösser und Gärten der Stiftung zu erreichen, sagte Dorgerloh. Priorität im Masterplan II hätten zunächst die größten Sorgenkinder der Stiftung, darunter die maroden Römischen Bäder im Park Sanssouci und das Schloss auf der Pfaueninsel. Aber auch am Neuen Palais, dem Orangerieschloss und dem Schloss Charlottenburg würden die Sanierungsarbeiten weitergeführt.

Insgesamt nahm das Publikumsinteresse an den Welterbeschlössern der Stiftung in diesem Jahr zu: 5,7 Prozent mehr Gäste seien gezählt worden, sagte Dorgerloh. Am deutlichsten fiel das Plus mit knapp 13 Prozent in Berlin aus, die märkischen Schlösser legten um fünf Prozent zu, in Potsdam lag der Besucherzuwachs bei knapp zwei Prozent. Peer Straube

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