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Homepage: Wenn Umstände zwingen

Die Grüne Liste steigt aus dem AStA der Uni aus und will ihn mit Jusos und RCDS neu bilden

Stand:

Sie fühlt sich einfach überrannt. Sahra Dornick von der Offenen Linken Liste (OLL) – derzeit noch Vorsitzende des Studierendenausschusses der Uni Potsdam (AStA) – versteht nicht, wieso die Grüne Alternative Liste (GAL) die gemeinsame Koalition zum platzen gebracht hat. Während sie in der vergangenen Woche die neuen Studierenden der Uni begrüßte, hatte fast zeitgleich ein Vertreter der GAL eine Mitteilung lanciert, in der man die Koalition aufkündigte und ein Misstrauensvotum für den 24. Oktober ankündigte. In Zukunft wolle man eine Koalition mit den Jusos, dem RCDS und der Liste LUST eingehen, mit 14 von 27 Stimmen werde man über eine Mehrheit im Studierendenparlament verfügen.

Die Vorwürfe an die Linke Liste seien völlig substanzlos, sagte die Soziologie-Studentin Dornick. Keiner der Kritikpunkte sei konkret. „Was heißt Geldverschwendung, welche Intransparenz beim Umgang mit Geldern wirft man uns vor“, fragt sie. Sechs Wochen lang habe sich die Koalition (6 Vertreter der OLL, 3 der GAL und ein Listenloser) getroffen, natürlich sei diskutiert worden. Doch einen offenen Konflikt habe es nicht gegeben. Aufgefallen sei ihr bloß, dass die GAL-Abgeordneten oft Vorhaben ohne weitere Begründung abgelehnt hätten. „Etwa ein Projekt gegen Seminar-Rauswürfe oder die Idee einer Stelle für PR-Arbeit am AStA.“ Aufgefallen sei auch, dass die Grünen nahezu keine inhaltlichen Anträge gestellt hätten.

Sie sei betroffen über die Entwicklung sagt Sahra Dornick. Sie habe den Grünen vertraut. Das Misstrauensvotum und die neue Koalitionsbildung nun würden zu Lasten der Studierenden gehen, die jetzt zum Semesteranfang eine funktionierende Vertretung bräuchten. „Das ist verantwortungslos“, sagt sie. Und dann noch die Sache mit dem RCDS. Der bundesweit als CDU-nah bekannten Hochschulgruppe wirft die OLL vor, in Potsdam ein „Scharnier zwischen konservativer Politik und Intellektuellem Rechtsextremismus“ zu sein. „Der RCDS an der Uni Potsdam bewegt sich seit Jahren in der Grauzone zwischen konservativen Idealen und der ,Neuen Rechten““, so die Linke Liste. Dass die GAL, die grüne Politik macht, nun mit solch einer Gruppe koaliere, hält die derzeitige AStA-Referentin für inakzeptabel. „Das macht politisch und inhaltlich keinen Sinn“, sagt sie. Schließlich spreche sich der RCDS für Studiengebühren aus, da könnten die Grünen doch nicht mitgehen.

Können sie aber doch. Wenn nämlich der neue, konservative Koalitionspartner verspricht, sich im AStA gegen Studiengebühren auszusprechen. So zumindest ist es von einem Vertreter der GAL zu erfahren, der wegen lokalpolitischer Verpflichtung seinen Namen nicht nennen möchte. So viel Transparenz möchte man dann wohl doch nicht haben. Die Zusammenarbeit mit dem RCDS begründet er damit, dass dieser für gemeinsame Projekte gegen Rechtsextremismus bereit stehe. Hier gebe es eine deutliche Haltung gegen rechts – auch wenn der RCDS mit Hilfe eines mittlerweile geschassten Studenten gewählt wurde, der sich auf der Landesliste der rechtsextremen DVU wieder fand.

Dass der RCDS seine politische Legitimierung aus einem Spitzenkandidaten ziehe, der Verbindungen zum Rechtsextremismus hatte, findet Sahra Dornick schon schlimm genug. Dass nun aber die Grünen mit dieser Liste zusammengehen, quittiert sie mit Fassungslosigkeit. Von der GAL heißt es dazu, dass der RCDS durch den DVU-Kandidaten auf dem ersten Listenplatz nicht mehr Stimmen erhalten habe als gewöhnlich. Natürlich habe man eine Koalition mit dem RCDS zu Anfang der Legislaturperiode zu heikel gefunden: „Doch nun zwingen uns die Umstände dazu.“

Die Umstände, das ist etwa ein Haushaltsentwurf, der zusammen mit der Linken Liste nicht zustande gekommen sei. Verschwendung, damit meine man beispielsweise einen viel zu hoch veranschlagten Etat für Dienstreisen. Fehlende Transparenz, das lasse sich an den Protokollen ablesen, in denen Ausgaben nicht mit ihren Haushaltstiteln versehen seien. Hinzu komme „mangelnde Debattenkultur“ der OLL: wenn etwas nicht gepasst habe, hätten die Linken mit ihrer Mehrheit einfach jede Diskussion abgewürgt. Zudem sah die GAL nicht mehr die gesamte Studierendenschaft vertreten: sobald etwas elitär wirkte, hätte die OLL rigoros dicht gemacht. Da habe schon gereicht, dass man im Debattierclub der Uni Anzug trage.

Sahra Dornick kennt diese Argumente nicht. Die Konflikte seien in der Koalition nie angesprochen worden. Ihr sei nicht klar, was hinter der ganzen Sache stecke. Sie kann sich nicht erklären, wieso die GAL die Zusammenarbeit ohne Gespräch aufgekündigt hat. Die Vorwürfe hält sie für konstruiert.

Und der RCDS? Der meint, die Vorwürfe gegen ihn seien „aufgewärmt“. Der RCDS-Vorsitzende Clas Hasslinger spricht gegenüber den PNN von „ollen Kamellen“. Etwa die „Gaudeamus“-Affäre, bei der eine RCDS-Zeitung wegen Anzeigen der „Jungen Freiheit“ vom Rektorat verboten wurde – das habe vor seiner Zeit stattgefunden. Bei bekannt werden des DVU-Kandidaten auf der RCDS-Liste habe er mit dessen sofortigem Ausschluss konsequent gehandelt. „Wir bewegen uns nicht in einer Grauzone, wir distanzieren uns klar von Rechtsradikalismus und -extremismus“, so der BWL-Student, der auch in der Jungen Union Potsdam aktiv ist. Der RCDS sei schließlich eine konservative Hochschulgruppe mit christlich-demokratischer Grundhaltung.

Die Grünen behaupten derweil die „rechtsextremen Tendenzen bei Teilen des RCDS in der Vergangenheit“ sehr kritisch zu sehen. „Bei den aktiven Akteuren im RCDS sehen wir keine solchen Gefahren“, heißt es. Sollte es neue Erkenntnisse hinsichtlich rechtsextremer Tendenzen geben, werde die GAL die Koalition verlassen. Womit Neuwahlen wahrscheinlich werden.

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