Landeshauptstadt: Wer bis zuletzt lacht
9. Hospiztag zum Thema Heiterkeit in der Pflege
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Hermannswerder - Kennen Sie den? Sagt der Arzt zum Patienten: „Zuerst die gute Nachricht: Rente mit 67 ist für Sie kein Thema...“ Oder das Stoßgebet der faltigen Uroma: „Oben klar und unten dicht, lieber Gott, mehr will ich nicht!“
Darf man lachen angesichts von Krankheit und Tod? Darf man heiter sein, wenn man Sterbende pflegt? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des 9. Potsdamer Hospiztages am gestrigen Freitag. Unter dem Motto „Von Anteilnahme bis Heiterkeit – Gegensätze in der Begleitung Sterbender“ trafen sich rund 160 Ehrenamtliche, Mediziner, Seelsorger und Pflegekräfte im Hoffbauer-Tagungshaus auf Hermannswerder. Veranstalter waren wie bereits in den Vorjahren die Landesarbeitsgemeinschaft Onkologische Versorgung Brandenburg (Lago) und der Hospiz- und Palliativberatungsdienst Potsdam.
Die Frage nach Heiterkeit angesichts des Todes beantwortete Elona Müller-Preinesberger (parteilos), Potsdams Sozialbeigeordnete, in ihrer Begrüßung mit einer bewegenden persönlichen Bemerkung: Als sie ihren Vater vor sechs Jahren in den letzten Lebensmonaten zu Hause pflegte, sei sehr wohl gelacht worden: „Diese heiteren Stunden sind heute die Stunden, an die wir uns am meisten erinnern.“ Die belastenden Momente dagegen seien in der Rückschau „weg“.
Ein klares Bekenntnis zum Humor im Umgang mit Sterbenden gab auch der Diplom-Theologe Heinz Hinse, aus dessen Buch „Wer bis zuletzt lacht, lacht am besten“ die eingangs zitierten Witze stammen. Hinse hatte das Buch gemeinsam mit dem krebskranken und mittlerweile verstorbenen Karikaturisten Karl-Horst Möhl herausgegeben.
Aber nicht nur Humor, auch mehr Anerkennung verdienten Sterbende, wie Hinse in seinem Einführungsvortrag betonte: Schließlich sei Sterben – wie das Geborenwerden – auch eine Arbeit und Leistung, „vielleicht die schwerste des ganzen Lebens“. Er plädierte für einen Perspektivenwechsel: Todkranken solle man nicht mit Mitleid, sondern mit Bewunderung entgegentreten. Das könne man beispielsweise mit Aussagen wie „Woher nehmen Sie nur Ihre Kraft und Energie?“ vermitteln. Pflegende Angehörige sowie professionelle oder ehrenamtliche Pfleger sollten sich zudem als „Mitarbeiter“ des Sterbenden, nicht als Helfer verstehen, meint Hinse. Auch Sterbende bezögen ihr Selbstwertgefühl zum Großteil aus der Anerkennung ihrer Arbeit.
Mit dem Hospiztag soll das Tabuthema Sterben und Trauer in die Öffentlichkeit gebracht werden, erklärt Heike Borchardt vom Hospizdienst das Anliegen des Treffens. Derzeit gebe es in Potsdam 76 ehrenamtliche Sterbebegleiter, 15 weitere seien in der Vorbereitung. Vom Hospiztag war vor drei Jahren auch die Initiative für das erste stationäre Hospiz in Potsdam ausgegangen, erinnerte Frank Hohn, der Vorstandsvorsitzende der Hoffbauer-Stiftung und Mitträger des Hospizes auf Hermannswerder, für das am Montag dieser Woche der Grundstein gelegt wurde (PNN berichteten). jaha
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