Landeshauptstadt: Wer zum Teufel ist Friedrich der Große?
Schlösserstiftung stellt in einer Ausstellung in der Orangerie Werbematerial aus 25 Jahren aus
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Sanssouci - Mit großen, braunen Augen schaut Kronprinzessin Cecilie den Betrachter an. Quer über ihren Mund geht ein Riss. Der untere Teil des Bildes zeigt nackte Frauen und Männer, die breitbeinig mit den Händen an der Wand stehen. Eine Schwarzweiß-Aufnahme.
Dieser Spannungsbogen war der Schlösserstiftung wohl doch zu heikel, um für ihre 2004 im Marmorpalais gezeigte Ausstellung „Cecilie. Deutschlands letzte Kronprinzessin zwischen Monarchie und Republik“ zu werben. Stattdessen setzte man seinerzeit auf das bravere Motiv – Cecilies Porträt im Look eines Farbnegativs. Doch nun kommt das Publikum doch noch in den Genuss des provozierenden Entwurfs von Waldemar Strempler, dem Chefgrafiker der Schlösserstiftung. Das Plakat ist Bestandteil der Ausstellung „Auf Blickfang“, die ab heute und bis zum 11. September in der westlichen Pflanzenhalle der Orangerie im Park Sanssouci zu sehen ist. Die Schau beleuchtet, wie die Stiftung und ihre beiden Vorgänger, die Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci der DDR und die West-Berliner Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, in den vergangenen 25 Jahren für sich und ihre Veranstaltungen Reklame gemacht haben.
144 Plakate werden gezeigt, größtenteils Werbeposter für Themenausstellungen, aber auch Imagefotos, Broschüren und Flyer. Einen besonderen Schatz haben die Stiftungskuratoren bei ihrem Ex-Generaldirektor gehoben. Hans-Joachim Giersberg schenkte der Stiftung seine Privatsammlung von DDR-Werbeplakaten der Staatlichen Schlösser und Gärten.
Natürlich spiegeln sowohl Material als auch Grafikstil den jeweiligen Zeitgeist wieder. So wirken vor allem die Werbeposter aus den 1980er Jahren aus heutiger Sicht recht dröge und bieder. Für die Ausstellung „Friedrich und die Kunst“, die 1986 eine halbe Million Besucher ins Neue Palais lockte, hätte man indes wohl auch mit einem weißen Blatt mit dem Namen des Alten Fritzen werben können – die preußenhungrigen DDR-Bürger wären trotzdem in Scharen herbeigeströmt.
Es ist der sichtbare Wandel der Gestaltung, der durchaus, wenn auch in Maßen, hingekommene Pep in Farb- und Motivdramaturgie, der den Reiz der Ausstellung vor allem ausmacht. Sie ist zugleich Zeugnis des Werks von Strempel, der ebenfalls seit einem Vierteljahrhundert der Stiftungswerbung seinen Stempel aufgedrückt hat. Er war es auch, der das Hauslogo entwarf – den bekrönten Adler, der in seinen Klauen ein Buch und einen Zweig trägt. Nicht immer kam sein bester Entwurf zum Zuge – siehe Cecilie – was nicht immer an der Schlösserstiftung lag. Großen Beifall fand bei den Stiftungschefs etwa im vergangenen Jahr sein Plakat-Favorit für die Ausstellung von Max-Baur-Fotografien: Es zeigt die Skulptur des Bogenschützen unterhalb der Orangerie, im Halbprofil, von unten fotografiert. Allerdings machte die Nachlassverwalterin des berühmten Potsdam-Fotografen einen Rückzieher. Zu sehr erinnerte sie das Foto an die Optik der Nazi-Hausfilmerin Leni Riefenstahl.
Den Auftrag, die große Jubiläumsausstellung im kommenden Jahr zum 300. Geburtstag Friedrichs II. zu bewerben, hat eine große Agentur Strempel weggeschnappt. Visuell ausgetobt hat er sich trotzdem schon. Einer seiner Spaßentwürfe zeigt das Porträt eines schielenden, jugendlichen Königs. Darunter steht: „Who The Fuck Is Frederick The Great?“ Frei übersetzt: „Wer zum Teufel ist Friedrich der Große?“
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