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Landeshauptstadt: Wieder neue Masern-Fälle
Seit Mitte April haben sich elf Potsdamer Kinder mit der Viruskrankheit angesteckt – Gesundheitsamt appelliert an Eltern
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Die Masern-Welle in Potsdam hält das städtische Gesundheitsamt weiter auf Trab: Wegen der notwendigen Kontrollen vor Ort an betroffenen Schulen und Kitas mussten die Gesundheitsamts-Mitarbeiter jetzt sogar die reguläre Impfsprechstunde absagen, auch die Schuleingangsuntersuchungen waren zwischenzeitlich unterbrochen, wie Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN am Dienstag auf Anfrage sagte. Zugleich haben sich seit der vergangenen Woche drei weitere Kinder mit der Viruskrankheit angesteckt. Seit Ausbruch der Krankheit in der Landeshauptstadt vor gut drei Wochen gebe es damit mittlerweile elf gemeldete Fälle, so Brunzlow. 2012 gab es keinen Fall.
Betroffen seien vor allem Kleinkinder und Kinder – das jüngste ist acht Monate alt – aus verschiedenen Stadtgebieten, darunter die Nauener Vorstadt, Schlaatz, Waldstadt und Groß Glienicke. Die Fälle traten den Angaben zufolge an zwei Kitas und einer Schule auf. An den betroffenen Einrichtungen seien sämtliche Kinder und Mitarbeiter auf ihren Impfstatus überprüft und im Bedarfsfall sofort geimpft worden. In seltenen Fällen verhängte das Gesundheitsamt Besuchsverbote für nicht vollständig geimpfte Kinder und Tätigkeitsverbote für das Lehr- oder Erziehungspersonal ohne Impfschutz oder den Nachweis einer durchgemachten Masernerkrankung.
Da zwischen einer Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit bis zu zwei Wochen vergehen können, rechnet die Stadt mit weiteren Erkrankungen. Das Rathaus appellierte erneut an Eltern, den Impfschutz ihres Kindes zu überprüfen und gegebenenfalls bestehende Impflücken beim Kinderarzt schließen zu lassen. Nötig für einen Schutz vor der Krankheit, die mit roten Hautflecken, Fieber und schwachem Allgemeinzustand einhergeht, sind zwei Impfungen, zwischen denen ein Mindestabstand von vier Wochen eingehalten werden muss. Geimpft werden kann frühestens ab dem zwölften Lebensmonat. Die Weiterverbreitung in der Bevölkerung könne erst bei einer Impfrate von mehr als 95 Prozent verhindert werden, so die Stadt. In Potsdam hätten aber nur 89,1 Prozent der Kinder vor der Einschulung die zweite Impfung vollzogen – damit liegt Potsdam unter dem Landesdurchschnitt von 95 Prozent.
Indes erklärte der Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendmedizin des Potsdamer Bergmann-Klinikums, Michael Radke, dass alle sechs in diesem Jahr mit Masern stationär aufgenommenen Kinder wieder entlassen werden konnten. Keines der Kinder habe einen komplizierten Krankheitsverlauf gehabt. Wie Klinikumssprecherin Maria Uebe ergänzte, wird derzeit noch eine an Masern erkrankte erwachsene Person im Klinikum stationär behandelt, die im engen Kontakt zu einem der erkrankten Kinder stand.
Masern bergen laut Chefarzt Radke ein gewisses Todesrisiko, aber auch das Risiko schwerer Hirndefekte. Vor diesem Hintergrund erklärte der Mediziner: „Ich habe kein Verständnis dafür, wenn Eltern ihre Kinder nicht gegen Masern impfen lassen.“ Impffeindlich eingestellte Eltern würden sofort umdenken, bekämen sie einmal ein Kind mit einer schweren Masernerkrankung zu Gesicht. „Dass wir uns heute überhaupt noch Masern-Erkrankungen leisten, ist ein Anachronismus!“, so der Chefarzt. Radke lobt die Verhältnisse in den USA, wo es zwar keine allgemeine Impfpflicht gebe, doch jedes Kind bei der Einschulung eine Masernimpfung nachweisen muss. (mit gb)
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