Potsdamer Sportverein in der Kritik: Willkommen bei Fortuna Babelsberg
Fortuna Babelsberg wehrt sich demonstrativ gegen Vorwürfe, nichts gegen rechtslastige Tendenzen zu tun. Man distanziere sich laut Vereinschef bewusst von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Doch auch aus dem Innenministerium Brandenburg heißt es, dass Fortuna in den eigenen Reihen genauer hinschauen muss.
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Potsdam - Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beließ es bei einem sportlichen Grußwort. Er wünsche allen eine spannende erste und eine noch spannendere zweite Halbzeit, sagte er am gestrigen Sonntag vor dem Punktspiel zwischen Fortuna Babelsberg III und dem Flüchtlingsteam Welcome United 03. Nachdem es in den vergangen Tagen wiederholt Vorwürfe gab, der Verein am Stern würde sich nicht entschieden genug gegen rechtslastige Tendenzen und mutmaßliche Neonazis in seinen Reihen wehren, war das Spiel mit einer gewissen Spannung erwartet worden. Ein deutliches Zeichen setzte der Verein indes selbst: Gut 200 Mitglieder stellten sich demonstrativ hinter die Bitte von Vereinschef Hartmut Domagala: „Lasst uns Fußball spielen!“
Vereinschef Domagala: "Wir distanzieren uns klar und eindeutig von Gewalt, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit"
Dass es für den Verein eine dritte Halbzeit jenseits des Fußballfeldes geben muss, um sich mit den Vorwürfen vom Netzwerk Antifaschistische Recherche Potsdam/Umland auseinanderzusetzen, ist indes den Beteiligten bewusst. „Wir distanzieren uns klar und eindeutig von Gewalt, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und anderen Formen des Extremismus. Entsprechenden Ansätzen treten wir entschieden entgegen“, hatte Domagala bereits vor dem Spiel in einer offiziellen Erklärung des Vereins mitgeteilt. Er verweist darauf, dass Fortuna Babelsberg einer der wenigen anerkannten Vereine des Programms „Integration durch Sport“ sei, in dem Sportler aus allen Schichten der Gesellschaft und aus 25 Nationen vertreten sind. „Allein in der ersten Männermannschaft spielen Fußballer, die vor Jahren aus dem Irak fliehen mussten“, machte Domagala deutlich. Für die Aufnahme von Flüchtlingen sei der Verein offen, „wir haben bereits die ersten Absprachen getroffen, um sie in allen unseren Mannschaften zu integrieren“.
Dass der Verein aber mehr tun und in den eigenen Reihen genauer hinschauen muss, bestätigt auch das brandenburgische Innenministerium. Der Verfassungsschutz des Landes Brandenburg sieht „im Verein Fortuna Babelsberg und in dessen Umfeld Tendenzen, die sich gegen die Prinzipien einer liberalen, offenen Gesellschaft richten und zum Teil mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Daher empfiehlt der Verfassungsschutz dem Verein, diesen Tendenzen aktiv und in enger Zusammenarbeit mit der Brandenburgischen Sportjugend, dem Fußball-Landesverband Brandenburg, der Stadt Potsdam, den Eltern und den Mobilen Beratungsteams des Brandenburgischen Institutes für Gemeinwesenberatung (demos) entgegenzuwirken und sich entsprechend öffentlich zu positionieren.
"Potsdam bekennt Farbe"
Eine solche öffentliche Demonstration gab es am gestrigen Sonntag durch die Fortuna-Mitglieder: Viele von ihnen hatten sich Toleranz-Sticker angeheftet, ein Banner „Potsdam bekennt Farbe“ hing an der Werbebande – „wo es aber schon immer hängt“, wie es von Fortuna-Fans hieß. Und zudem wurde der Wunsch nach offenem und rechtzeitigem Austausch mit der Antifa laut, um sich gemeinsam über deren Recherchen und den daraus resultierenden Vorwürfen zu verständigen. „Auch wir als Verband würden uns wünschen, wenn solche Vorwürfe nicht anonym in Internetportalen erhoben werden, sondern das Gespräch mit uns gesucht wird“, sagte Hartmut Lenski, Vorsitzender des Fußballkreises Havelland.
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