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Genehmigt. Die Weintrauben auf dem Potsdamer Winzerberg haben den Test offenbar bestanden. Ohne das Gesicht zu verziehen, kostete Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke am Donnerstag die Früchte. Dass dort überhaupt wieder Wein wächst, ist jahrelangem ehrenamtlichen Engagement zu verdanken.

© dpa

Landeshauptstadt: Wo einst auch Melonen wuchsen

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zu Besuch auf dem Potsdamer Winzerberg. Bei der Verkostung zögerte er kurz

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Vor der Verkostung der Traube zeigte sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ein wenig skeptisch: „Wenn der jetzt nicht süß ist, dann habt ihr richtig schöne Bilder“, rief der Regierungschef, in seinen Händen eine Weintraube haltend, den umstehenden Fotografen zu. Doch auch nach der Verkostung der ersten Beere verfinsterte sich die präsidiale Miene nicht. Die Traube schien genießbar zu sein.

Der Regierungschef war am gestrigen Donnerstag auf den Potsdamer Winzerberg oberhalb des Triumphtors an der Schopenhauerstraße gekommen, um sich von den Mitgliedern des Bauvereins Winzerberg über die Arbeiten zur Wiederherstellung informieren zu lassen. Er kenne das Gelände noch aus der Zeit, als hier Wildwuchs und verfallene Bausubstanz zu sehen waren, erinnerte sich Woidke. Es ist genau diese Erinnerung, die im Angesicht des Baufortschritts bei vielen Menschen zunehmend verblasst, wie der Chef des Winzerbergvereins Roland Schulze sagte. Gemeinsam mit einem Heer ehrenamtlich arbeitender Menschen und vielen Firmen, die hier gratis gearbeitet haben, hat Schulze in den vergangenen neun Jahren aus einer vollkommen von Pflanzen überwucherten und baulich verfallenen Anlage wieder den königlichen Weinberg auferstehen lassen. Im nächsten Jahr soll Bauabschluss sein. Manche Leute würden heute denken, „es ist doch gar nicht so schlimm gewesen“, berichtete der Vereinschef. Mittlerweile müsse man sich schon die Fotos von 2005 ansehen, um den jämmerlichen Zustand der Anlage zurück ins Bewusstsein zu holen.

Einst wurden hier auf königliche Anordnung hin Wein, Obstbäume und anderes Gemüse angepflanzt. Sogar Melonen hat man auf dem Berg offenbar geerntet, jedenfalls ist in den Bauakten aus dem 18. Jahrhundert von Melonenkästen die Rede. Vor mehreren der terrassenförmig angeordneten Mauern schützte eine Verglasung die empfindlichen Pflanzen. Schulzes Verein will die gläserne Schutzhaut wiederherstellen. Für 3 500 der insgesamt 5 000 kleinteiligen Scheiben habe man schon Paten gefunden. Die Patenschaft für eine Scheibe koste 30 Euro, so Schulze. Bereits jetzt wächst wieder Wein an den Mauern. Grüne und einige blaue Weintrauben hängen derzeit an den Rebstöcken. Auch Tomaten, Paprika und Basilikum gedeihen hier. Die pflanzliche Vielfalt ist schon so groß, dass der kleine Imbiss, der sich an Woidkes Rundgang über den Berg anschloss, überwiegend mit Zutaten vom Winzerberg zubereitet werden konnte. Nicht nur Tomaten und Weintrauben, auch Birnen – zum Teil leider noch etwas grün – und sogar Basilikumpesto wurden kredenzt. Auch das Basilikum sei eigene Ernte vom Berg, versicherte Vorstandsmitglied Ulrich Böcker.

Wenn voraussichtlich im nächsten Jahr die Bauarbeiten am Berg zu Ende gehen, soll das Areal danach nicht zu einem Museum werden, das möglichst nicht betreten werden darf. Vielmehr gehe es bereits jetzt schon darum, in der Zeit nach der Fertigstellung „Leben in die Bude“ zu kriegen, sagte Böcker am Donnerstag. „Wir haben auch schon Kontakte zu verschiedenen Schulen aufgenommen.“ Man wolle hier Schülern künftig den Gartenbau nahebringen. Momentan sei eine App über den Weinberg in Arbeit. Auch musikalische Veranstaltungen könne man sich hier vorstellen. Vereinschef Schulze berichtete, dass sich schon jetzt ein Trupp von ungefähr 30 freiwilligen Gartenfreunden jeden zweiten Montag trifft, um dem Grün am Berg zum Wachsen und Gedeihen zu verhelfen.

Zur Zeit Friedrichs des Großen klaffte an der Stelle, an der sich heute der Winzerberg befindet, zunächst eine Lehmgrube. Auf Anordnung Friedrichs wurde sie zugeschüttet und quasi in einen hängenden Obst- und Gemüsegarten verwandelt. Die Anlage mit ihren zirka 300 Meter langen Mauern entstand in den 1760er-Jahren nach Plänen von Landbaumeister Johann Gottfried Büring und Christian Ludwig Hildebrandt. Im angrenzenden Winzerhaus soll einst Friedrich Wilhelm IV. gemeinsam mit Alexander von Humboldt Tee getrunken haben.

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