Landeshauptstadt: Zehn „Stolpersteine“
Erinnerungsprojekt läuft an / Voltaire-Schule dabei
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Innenstadt – Die Liste der Spender wächst. Interessenten für zehn „Stolpersteine“ haben bereits sicher zugesagt. Das sagte Hans-Jürgen Schulze-Eggert von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Arbeitsgemeinschaft „Stolpersteine“ am Donnerstagabend. In Potsdam hat sich wie berichtet eine AG gegründet, die die Verlegung der Gedenksteine für jüdische Opfer des Nationalsozialismus koordiniert.
In den Räumen der Jüdischen Gemeinde in der Schloßstraße 1 erzählte der Berliner Wolfgang Knoll am Donnerstag vor etwa 25 Zuhörern aus seiner dreijährigen Erfahrung mit dem Projekt in Wilmersdorf und Charlottenburg. Dort liegen mittlerweile 297 „Stolpersteine“ – Messingplatten mit Namen und Lebensdaten, die vor der letzten frei gewählten Wohnung der Opfer in den Gehweg eingelassen werden. Knolls Vortrag wurde aber auch zu einer Reise in die Untiefen des nationalsozialistischen Systems – genau wie die Recherche-Arbeit selbst.
Beim Durchforsten der Aktenberge nach verlässlichen Daten habe ihn die Erkenntnis getroffen, wie viele Deutsche an der geplanten Vernichtung jüdischer Bürger beteiligt waren, erzählte Knoll: Seien es Postbeamte, Vermieter oder Gasanbieter, die Informationen über „Judenwohnungen“ sorgfältig protokollierten, oder der Oberfinanzpräsident, der „Vermögensakten“ archivierte, in denen jüdische Mitbürger vor der Deportation genauestens über ihre Vermögen Auskunft geben mussten. Die Vermögensakten lagern heute im Landeshauptarchiv in Potsdam, Zum Windmühlenberg.
Bei der Namenssuche greife er unter anderem auf das „Gedenkbuch“ des Bundesarchivs zurück, berichtet Knoll: Dort finden sich insgesamt 150 000 Einträge jüdischer Opfer des Nationalsozialismus – laut Knoll auch knapp 150 Potsdamer. Aber nicht nur Namen und Adressen, auch Lebensgeschichten müssten so genau wie möglich rekonstruiert werden: „Vielleicht auch mit Bildern, damit der Mensch wieder zum Vorschein kommt“. Das könne in die Projektarbeit mit Schülern passieren.
In Potsdam habe sich dafür bereits die Voltaire-Schule gemeldet, sagte Wolfgang Weißleder, Rechtshistoriker in der AG „Stolpersteine“. Termin zur Verlegung erster Gedenksteine in Potsdam ist der 3. Juli 2008. Vladimir Genkin, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Potsdam, begrüßte die Initiative am Donnerstag. Die „Stolpersteine“ sind ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Laut Demnig gibt es bundesweit 12 500 Steine in 277 Städten.Jana Haase
Kontakt zur AG „Stolpersteine“ über Edeltraud Volkmann-Block vom Potsdam Museum, Telefon (0331) 289 68 01, oder Bianka Peetz-Mühlstein aus dem Fachbereich Kultur, Tel. (0331) 289 19 44.
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