Landeshauptstadt: „Zug der Erinnerung“ auf Gleis 1 Rund 2000 Euro pro Tag für Deutsche Bahn
Lange Menschenschlangen auf Gleis 1 am Potsdamer Hauptbahnhof werden für Freitag und Samstag erwartet. An diesen beiden Tagen halten mitten in Potsdam die zwei Waggons samt Dampflokomotive der rollenden Holocaust-Ausstellung „Zug der Erinnerung“.
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Lange Menschenschlangen auf Gleis 1 am Potsdamer Hauptbahnhof werden für Freitag und Samstag erwartet. An diesen beiden Tagen halten mitten in Potsdam die zwei Waggons samt Dampflokomotive der rollenden Holocaust-Ausstellung „Zug der Erinnerung“. Für den ersten Tag haben sich bereits 30 Schulklassen angemeldet, teilten die Organisatoren gestern mit. „Wir denken, dass es Wartezeiten geben wird“, sagte Jorg Stopa, einer der Projektkoordinatoren.
Das Projekt „Zug der Erinnerung“ ist bundesweit bekannt: Seit November 2007 erinnert die Schau auf ihrer Reise durch Deutschland an die Deportation von mehreren hunderttausend jüdischen Kindern aus Deutschland und ganz Europa auf dem Schienennetz – und die Verstrickung der damaligen Reichsbahn und ihres Personals in den Genozid der Nationalsozialisten. Um die Ausstellung hatte es Streit gegeben, als sich die Deutsche Bahn weigerte, den Zug im neuen Berliner Hauptbahnhof zu zeigen. Das ist in Potsdam allerdings keine Problem, betonte gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs: „Hier hat die Bahn nicht gezuckt.“
So soll es am Freitag gegen 9 Uhr eine Eröffnung ohne Streit werden, bei der neben Jakobs auch Vertreter der jüdischen Gemeinde sowie der Sinti und Roma sprechen werden. Zudem stellen zwei Schülerinnen der Voltaire-Gesamtschule ihre Arbeit im Projekt „Stolpersteine“ vor, in dem die Geschichte von Potsdamer Juden während der Nazizeit erforscht wird. Solche Einzelschicksale – speziell von jungen Leuten – werden auch im Zug gezeigt. „Die Resonanz der Potsdamer Schulen ist riesig“, sagte Stadtoberhaupt Jakobs erfreut. Der Potsdamer Historiker Wolfgang Weißleder betonte die Besonderheit des „Zugs der Erinnerung“: „Bei anderen Ausstellungen zu dem Thema geht es nur selten um das Leid von Kindern und Jugendlichen.“ So sei beispielsweise in Brandenburg kaum noch das Schicksal der Inhaftierten im Mädchenkonzentrationslager Uckermark bekannt – eines von drei Jugend-KZs auf deutschen Boden.
Für Fragen zu solchen Details stehen am Freitag und Samstag drei pädagogisch geschulte Zugbegleiterinnen zur Verfügung, ebenso werden Potsdamer Experten für Geschichte an beiden Tagen vor Ort sein. Geöffnet sind die Waggons an Gleis 1 jeweils von 9 bis 19 Uhr.
Finanziert wird der Zugaufenthalt aus verschiedenen Quellen, unter anderem kommt Hilfe von der Flick-Stiftung und von den Europäischen Sozialfonds. Vor der Ausstellung hatte es auch Streit um Trassen- sowie Stationspreise gegeben, die die Bahn für den Erinnerungszug verlangt. So werden für die zwei Tage Potsdam laut Anke Zwink vom Büro der Brandenburger Integrationsbeauftragten rund 4000 Euro an die Bahn gehen. Dazu kommen Kosten für das pädagogische Personal des Zuges. Ob das Geld bei der Bahn bleibt ist unklar: Unlängst hatte sich der Aufsichtsrat der Bahn dafür ausgesprochen, 100000 Euro an eine jüdische Organisation zu spenden. Henri Kramer
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