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UN-Forscherkreis analysierte in Potsdam Reformen

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Es steht nicht gut um die Vereinten Nationen, könnte man meinen, wenn man einen österreichischen Diplomat aus dem Außenministerium hört: Die UN sei auf dem Abwärtstrend. Für die österreichische Außenpolitik spielten sie nur noch eine Randrolle. Für Wirtschaftsfragen und Politik sei die EU zuständig, für die Verteidigung sei die Nato der „Global Player“, hatte der Diplomat kürzlich Dr. Günther Unser wissen lassen. Der UN-Experte und Moderator der siebten Potsdamer Konferenz des Forschungskreises Vereinte Nationen trug diese österreichische Sicht zum Auftakt der Veranstaltung am vergangenen Wochenende in Griebnitzsee vor. Und entwarf damit ein Horrorszenario für die Anwesenden: Die 1945 gegründete Internationalen Organisation zur Friedenssicherung, die von der Kubakrise bis zu Blauhelm-Einsätzen durchaus Erfolge zu verzeichnen hat, soll heute so gut wie überflüssig sein?

Die Wissenschaftler, Diplomaten und Parlamentarier des Kreises, der die Vereinten Nationen zu seinem Forschungsobjekt gemacht hat, ließen sich allerdings nicht darauf ein. Sie widmeten sich lieber den bisherigen Ergebnissen der geplanten Reformen, die im September 2005, zum Abschluss des UN-Weltgipfels, von den Staats- und Regierungschefs der UN-Mitgliedstaaten verabschiedet wurden. Anstatt über die existenzielle Gretchenfrage zu diskutieren. Die Erwartungen an den Gipfel seien hoch gewesen, erinnert sich Unser. Auch wegen der Medienvertreter, die die UNO oft nicht als System wahrnehmen. Ein Koloss von 191 Mitgliedstaaten lasse sich aber nur langsam erneuern.

Die Reform der UNO ist ein Dauerbrenner, erklärte Dr. Sven Bernhard Gareis, Wissenschaftlicher Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr in Strausberg, in seinem Vortrag „Die Reform der Hauptorgane der UN“. In ihrer 61-jährigen Geschichte habe sich die Organisation ständig reformieren müssen, um auf aktuelle Situationen reagieren zu können, auf den Kalten Krieg, auf die Globalisierung. Immer wieder wurden neue Instrumente und Gremien geschaffen – und wieder abgeschafft. Wie eines der früheren Hauptorgane, der Treuhandrat, der 1994 aufgelöst wurde: Das letzte Treuhandgebiet, der bis dahin US-verwaltete Staat Palau, wurde unabhängig.

Wolle man die Hauptorgane reformieren – die Generalversammlung, in der alle Mitgliedsstaaten mit einer Stimme vertreten sind, das Verwaltungs-Sekretariat, den Sicherheitsrat mit seinen fünf ständigen und zehn temporären Mitgliedern, den Wirtschafts- und Sozialrat sowie den Internationalen Gerichtshof – dann müsse das nach bestimmten Regeln ablaufen. Der Generalsekretär habe es relativ einfach, das Management in seinem Sekretariat zu ändern, er habe viele Freiheiten. Wenn aber die Mitgliedstaaten Entscheidungen fällen müssen, sieht das anders aus. Selbst, wenn keine Änderung der Charta erforderlich werde, sei es schwierig, in der Generalversammlung einen Konsens zu erzielen.

Um eine bedeutende Reform in Gang zu setzen, seien aber zunächst grundsätzliche Fragen zu klären, sagte der Sozialwissenschaftler: Wie definieren sich die UN im 21. Jahrhundert? Welche Ziele steckt sich die Organisation? Und sollen die UN von wenigen Mächtigen gelenkt werden oder soll das System demokratischer funktionieren und die einzelnen Länder mehr Mitspracherecht erhalten?

Dass es eine Reform geben muss, dafür sprechen sich alle Mitglieder aus. Wenn es aber um eine neue, effizientere Verteilung der Macht gehe, komme es immer wieder zu Konflikten. Jedes Land poche auf den höchstmöglichen Einfluss. Gareis hofft, dass sich Einstellungen verändern und eine Reform in kleinen Schritten stattfinden kann. Marion Hartig

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