
© Andreas Klaer
Abschied von Potsdamer Filmcafé Melodie: Zum Abspann: Die „Alles muss raus“-Party
Es ist eines der ältesten Kinos der Stadt. Doch nun muss das Filmcafé Melodie zum Ende des Monats Juli schließen. Vorher aber, gewissermaßen zum Abspann, startet es noch einmal richtig durch
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Mehrere Konzerte, eine Kunstausstellung und eine Auktion, bei der Deko, Tresen und Kinosessel unter den Hammer kommen: Das Filmcafé Melodie in der Friedrich-Ebert-Straße startet vor dem endgültigen Aus zum Monatsende noch einmal durch. Am 17. Juli spielt der Potsdamer Gitarrist Tony Blitzessioni um 20 Uhr im Café, am 24. Juli feiert der Potsdamer Künstler Ingo Pehla Vernissage einer eilig auf die Beine gestellten Ausstellung, auch der Musiker Sebastian Kommerell wird dazu ab 20 Uhr mit Freunden erwartet. Am 25. Juli zur Potsdamer Erlebnisnacht ist im Melodie um 20 Uhr der Gitarrist und Singer-Songwriter Jonas Markowsky zu erleben.
Die Schließung löste Bedauern in Potsdam aus
„Wir waren erstaunt über die große Resonanz“, sagte der Betreiber des Cafés, der aus Rücksicht auf seinen Hauptarbeitgeber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, den PNN am gestrigen Freitag. Allein auf der Facebook-Seite des Innenstadtcafés habe es auf die Ankündigung der Schließung rund 9000 Klicks in drei Tagen gegeben. Viele Gäste reagierten mit Bedauern, Musiker meldeten sich mit Auftrittsangeboten.
Zu denen, die der traditionsreichen Adresse einen würdigen Abschied bescheren wollen, gehört der Künstler und Restaurator Ingo Pehla. „Das Kino Melodie ist für mich eine Art Lebensraum“, sagte er den PNN. Seit den 1980er-Jahren kennt Pehla das Melodie – war Gast im Kino, in den Theater- und Revue-Vorstellungen und jetzt im Filmcafé. „Und das soll jetzt alles einfach verschwinden!“, ärgert sich der 48-Jährige. Er stellt vom 24. bis zum 31. Juli Werke in dem Café aus. Rund 15 Collagen im Quadratformat 40 mal 40 Zentimeter – Pehla spricht von Miniaturen. Die Werke seien teils älteren, teils jüngeren Datums – alle beschäftigten sich mit der Frage nach Potsdams Entwicklung und der Architektur der Stadt. „Das Schloss“ oder „Hallo, Herr König“ heißen die Werke, für die Pehla unter anderem zerrissene alte Bücher verwendet, wie er erzählt. Der Künstler bedauert das Ende des Melodie: „Eine neues Einkaufspassage braucht doch keiner“, sagt er.
In dem Haus sind jetzt Geschäftsräume und Büros geplant
Wie berichtet gibt es für den Gebäudekomplex bereits eine Baugenehmigung. Darin ist nach Auskunft der Stadt der Umbau des ehemaligen Kinosaals zu Laden- und Büroräumen vorgesehen. Zwischen dem Saal und dem Vorderhaus soll ein ein- bis zweigeschossiger Verbindungsbau neu errichtet werden. Ins Erdgeschoss des Gebäudes sollen drei Läden einziehen, in den Obergeschossen sind Wohnungen geplant.
Das Kino Melodie gilt als eines der ältesten Kinos der Stadt. Eine Besonderheit waren der zur Leinwand hin ansteigende Zuschauerraum, der Zuschauer nach oben schauen ließ, und ein Rang mit Sesseln. Der Kinobetrieb war Anfang der 2000er-Jahre wegen ausbleibender Gäste und neuer Brandschutzanforderungen aufgegeben worden. 2012 öffnete dann das Filmcafé Melodie. Es knüpfte nicht nur mit der Ausstattung an die Tradition als Kino an, es gab auch ein Kulturprogramm etwa mit Stummfilmen. Mit moderaten Preisen war es besonders für ein junges, alternatives Publikum ein beliebter Anlaufpunkt in der Innenstadt. Der Mietvertrag mit den Cafébetreibern war wegen der Baupläne aber Mitte Juni nicht mehr verlängert worden.
Kein Ersatz, aber das Interieur wird versteigert
Ein Melodie an anderer Stelle werde es nicht geben, bekräftigte der Betreiber am Freitag. Zum Abschied werde man die Einrichtung, etwa den maßangefertigten Tresen oder Film-Dekos, versteigern – dazu sei man noch im Gespräch mit einem Auktionshaus: „Wir können es sonst nur wegwerfen.“ Am 31. Juli soll es eine große „Alles muss raus“-Party geben, bei der die Getränkevorräte zum Selbstkostenpreis ausgeschenkt werden – und die Gläser an Gäste verschenkt.
Künstler Ingo Pehla will das nicht als endgültigen Abschied verstehen: „Das ist ein Neuanfang“, sagte der Hühne, der knapp zwei Meter misst. Er werde beobachten, was mit dem Ensemble passiere – und immer wieder Aktionen veranstalten, kündigte er an. Jana Haase
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