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Potsdamer Elite-Sportschule: Zweifel an Missbrauchsverdacht

Zwar geht das brandenburgische Bildungsministerium weiterhin von einem gewaltsamen Übergriff der beiden 16-Jährigen auf zwei 13 und 14 Jahre alte Jungen aus, aber es werden Zweifel an den erhobenen Missbrauchsvorwürfen laut.

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Potsdam - An den erhobenen Missbrauchsvorwürfen gegen zwei Elftklässler der Potsdamer Elite-Sportschule „Friedrich Ludwig Jahn“ werden Zweifel laut. Zwar geht das brandenburgische Bildungsministerium weiterhin von einem gewaltsamen Übergriff der beiden 16-Jährigen auf zwei 13 und 14 Jahre alte Jungen aus. Nach weiteren Gesprächen mit den Tatverdächtigen sowie den Opfern sei derzeit aber nicht festzustellen, dass es zum „sexuellen Missbrauch gekommen“ sei, von dem bisher die Rede war, so Ministeriumssprecher Stephan Breiding.

Unter anderem hatte ein Schüler angegeben, die Peiniger hätten ihn mit einem Besenstiel penetriert – nach jetzigen Erkenntnissen sei dies von den Tatverdächtigen aber nur angedroht und angetäuscht worden, hieß es gegenüber den PNN. Bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft, die wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung ermittelt, gab es gestern unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen in dem Fall, bei dem es zudem um Minderjährige geht, keinen Kommentar zu den Aussagen aus dem Bildungsministerium.

Kritik an der Informationspolitik von Breiding kam vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) im Land Brandenburg : Gerade in solchen speziellen Fällen dürfe die Klassifizierung von Straftaten nicht von „Laien“ vorgenommen werden – dafür gäbe es Fachleute wie Staatsanwälte. Zudem sollte angesichts des jungen Alters der Beteiligten mit öffentlichen Äußerungen „behutsam“ umgegangen werden.

Unterdessen hat die Sport-Schule den Verbleib der zwei verdächtigen Schüler verteidigt. Diese mit „klarer Mehrheit“ getroffene Entscheidung der Lehrerkonferenz am Dienstagabend sei auch im Licht der neuen Erkenntnisse zu der Straftat getroffen worden, hieß es. Breiding sagte, die Schule wolle sich der „pädagogischen Herausforderung“ stellen, den Vorfall aufzuarbeiten. Die zwei Schüler, die bisher noch nie wegen Gewalt auffällig gewesen seien, bekämen „eine letzte Chance“ – allerdings werde für den Wiederholungsfall ein Verweis angedroht. Ende nächster Woche sollen die beiden 16-Jährigen wieder an der Schule lernen dürfen, sagte Breiding. Auch beim VfL Potsdam dürfen die beiden Handballtalente weiterspielen, hieß es aus der Vereinsspitze. Der VfL hatte ihre Zukunft von der Entscheidung der Schule abhängig gemacht. Die mutmaßlichen Opfer würden indes seit Montag wieder an der Schule unterrichtet, sagte Breiding. Es habe „ausführliche Gespräche“ mit ihnen und ihren Eltern gegeben, sie würden „Unterstützungsangebote“ durch die Schule erhalten. Die angekündigten Erziehungsmaßnahmen für die Tatverdächtigen würden in Abstimmung mit dem Schulamt erarbeitet, so Breiding.

Allerdings müssen sich die beiden 16 Jahre alten Schüler vorerst eine neue Unterkunft suchen. Wie die Luftschiffhafen GmbH als Betreiberin des Wohnheims der Schule gestern auf PNN-Anfrage mitteilte, „respektiere“ das Unternehmen die am Dienstagabend getroffene Entscheidung der Schule zu den zwei Schülern. Doch bleibe das bestehende Hausverbot für sie, „insbesondere vor dem Hintergrund des noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens“, bestehen, so Luftschiffhafen-Sprecherin Kirstin Gebauer. Die zwei Schüler sollen in die Räume von zwei 13 und 14 Jahre alten Jungen eingedrungen sein und sie dort angegriffen haben. Dazu sollen Erzieher im Heim den Vorfall erst viel zu spät und erst nach Druck gemeldet haben – inzwischen ist die Heimleitung suspendiert.

Zugleich geht das Bildungsministerium derzeit davon aus, dass der Verdachtsfall ein „Einzelfall“ ist, so Breiding. Dagegen hatte der Chef der Jungen Union in Potsdam, Tino Fischer zuletzt erklärt, gewalttätige Übergriffe und Mobbing in dem Internat seien „schon lange an der Tagesordnung“ – und sie seien toleriert worden. Gesprochen hat Fischer, der selbst bis 2008 an der Elite-Schule lernte, aber nicht in dem Internat wohnte, nach eigenen Angaben mit sechs ehemaligen Mitschülern.

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