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Schlagersahne am Havelufer: Andreas Arend und Band mit neuen Kompositionen

Kann man eine Laute auch wie eine Rockgitarre halten? Dass man sie sogar so spielen kann, zeigte Donnerstagabend Andreas Arend beim Konzert im Kammermusiksaal Havelschlösschen.

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Kann man eine Laute auch wie eine Rockgitarre halten? Dass man sie sogar so spielen kann, zeigte Donnerstagabend Andreas Arend beim Konzert im Kammermusiksaal Havelschlösschen. Von dem Veranstaltungsort in Klein Glienicke ist man Exklusives gewohnt – das Programm „Die Ameise und andere Schlager von A. Arend und J. Dowland“ war nun etwas ganz Verrücktes: Barock, Angelsächsisches Erbe und eben Schlager verflochten zu einer liebenswert schrägen Musik, die in diesem wilden Garten am Havelufer bestens zur Geltung kam.

Andreas Arend hat zunächst Gitarre studiert und anschließend ein Lautenstudium absolviert. Der Umweg über die Gitarre, wenn man das so nennen darf, war hier ganz offensichtlich. Neben dem Musizieren arbeitet er als Komponist, orientiert sich dabei an alter als auch neuer Musik. Was dabei herauskommt, zeigte er gemeinsam mit Kollegen, gleichsam eine Band mit Gamben, Lauten, Percussion und Cello, mit dabei auch die Potsdamer Gambenspielerin Christiane Gerhardt.

Im Mittelpunkt stand zweifellos Sängerin June Telletxea. Im bodenlangen Kleid schwebte sie durch den Garten und über die Bühne und verlieh der Musik zusätzlich Leichtigkeit und Glanz. Die Sopranistin aus Spanien und der Schlagerlautenist aus Bayern harmonierten so wunderbar, dass man das kuriose Klanggebilde gern entspannt und wehrlos entgegennahm – und nur genießen konnte.

Arend greift für seine Lieder hemmungslos in alle Zeitschienen. Das Schlagermotto zeigte sich vornehmlich in den Texten über Liebe und Herzschmerz, in den mit Witz und Ironie gefundenen Reimen und Versen. „Begleite mich in meine Umlaufbahn – und sei mein Mondmann“, sang June Telletxea zuckersüß und hingebungsvoll, Arend gab die zweite Stimme. Oder umgekehrt. Und manchmal reichte ein Dubadu, ein schmachtender Blick, der die Zuhörer in die musikalische Irre schickte, ohne dass es wehtat. Nein, das war schon große Kunst, Arend und Telletxea nahmen das Schlagergenre einerseits aufs Korn und zeigten andererseits die zarte Schönheit, die man durchaus in dieser Musik entdecken kann. Vor allem, wenn sie von Arend komponiert wurde und mit Wortwitz gepaart ist: „Ich habe den Wassermann gesehen, er winkte mir zu, und seine Feen riefen ,buh’“, da musste auch Arend mitlächeln.

Trauriger stimmte die alt-angelsächsische Seefahrer-Elegie: Das Stück nach einer Vorlage aus dem 9. Jahrhundert trug Arend theatralisch, fast liturgisch vor. Lautmalerisch und dramatisch klagte er als einsamer Seefahrer über den Verlust seiner Lieben. Das war großes Kino mit ganz kleinen Mitteln.

Die Band, ein eingespieltes Team, zu dem auch die Gastgeber Christiane Gerhardt und Tilman Muthesius gehörten, spielte zwischendurch romantische Instrumental nach Stücken von Dowland und Byrd. Und natürlich kam im Verlauf des Abends auch die titelgebende kleine Ameise vor: „Schau, da läuft ne Ameise“ , sang Arend, „und die Spreeeee – fließt weiter“, lautete der getragene Refrain. Bei manchen Stücken wähnte man sich irgendwo zwischen Helge Schneider und Udo Jürgens. Und das war eigentlich sehr schön. Steffi Pyanoe

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