Kultur: Beamter des Königs – Partner des Kronprinzen
Zum 225. Geburtstag des Designers und Architekten Karl Friedrich Schinkel
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Karl Friedrich Schinkel stammte – wie später der Dichter Theodor Fontane – aus der kleinen märkischen Stadt Neuruppin. Geboren wurde der Pastorensohn in der von Wald und Seen umgebenden Stadt am 13. März 1781. Als Zehnjähriger begann er für die von seiner Schwester gedichteten Theaterstücke Dekorationen und Figurinen zu entwerfen. Als er sechs Jahre später nach Berlin kam, ließ ihn der Entwurf des Baumeisters Friedrich Gilly zu einem Friedrich-Denkmal nicht mehr los. Er entschied, den Beruf eines Architekten zu ergreifen. Schinkel verfolgte – wie Gilly – ein einziges erstrebenswertes Ideal: die Antike. Später begann er sich auch mit dem Mittelalter auseinander zu setzen. Die Gotik begeisterte ihn dabei besonders. Schinkel besuchte die neu gegründete Bauakademie in Berlin, reiste nach Italien, malte Landschaftsbilder, entwarf Bühnenbilder und Gebäude.
Das preußische Königspaar, Friedrich Wilhelm III. und Luise, lernte er bei einer Dioramenvorstellung 1809 kennen. Bald darauf wurde er zur Ausschmückung von Räumen der königlichen Residenz in Berlin, dem Kronprinzenpalais, verpflichtet. Ein Jahr später berief man ihn auf Betreiben Wilhelm von Humboldts als Baubeamten in den Staatsdienst. Er avancierte in den kommenden Jahren zum ersten Architekten des Königs. Antike Bauwerke waren ihm bei seiner Tätigkeit Vorbilder. Sein romantischer Geist und seine überschäumende Fantasie waren einem sparsamen Bauen oftmals im Wege. Darum meinte der König: „Man muss ihm einen Zaum anlegen!“ Die kühnsten Gedanken hat er aber nicht ausführen können: wie einen Palast für den griechischen König auf der Akropolis in Athen und ein Schloss auf der Krim für die russische Zarin, ebenfalls nicht das Belriguardo auf der Halbinsel Tornow (Hermannswerder) in Potsdam. Mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.), der im Gegensatz zu seinem Vater starke künstlerische Ambitionen hatte, entwickelte Schinkel große Pläne, wie man Berlin, Potsdam, die Mark Brandenburg und die preußischen Provinzen mit neuen Bauwerken noch verschönern könne.
Der Kronprinz soll den Architekten, wenn dieser mit der sparsamen Unberechenbarkeit des Königs konfrontiert wurde, mit den Worten getröstet haben: „Kopf oben, wir werden zusammen bauen“. Doch kurz nach dem der Kronprinz den preußischen Thron bestieg, erkrankte Karl Friedrich Schinkel schwer. Er starb am 9. Oktober 1841. Die hohen Erwartungen, die Baumeister und der neue König nach dem Thronwechsel insgeheim hegten, erfüllten sich nicht.
Und somit fällt die Bautätigkeit Schinkels ausnahmslos in die Zeit der Regierung König Friedrich Wilhelms III. Doch für des Kronprinzen fantasievollen Anregungen hatte er immer ein Ohr. In Potsdam wurde der erste Schinkel“sche Bauentwurf verwirklicht. Oben auf dem Pfingstberg, ursprünglich ein Weinberg, – zunächst dem Schulrektor Samuel Gerlach und später dem Hofrat Karl Ludwig Oesfeld gehörend – baute er auf Bestellung des Besitzers einen kleinen Tempel, der der Göttin der Gartenfrüchte, Pomona, gewidmet war. Da war er erst 19 Jahre alt. Die Schauseite ist mit einem ionischen Portikus geschmückt. Über dem fast quadratischen Innenraum befindet sich eine Terrasse. Von ihr aus kann man die herrliche Seen- und Waldlandschaft, die Silhouette Potsdams bewundern. Erst gut zwanzig Jahre später baute Schinkel wieder für Potsdam. Zeitgleich mit dem Nationaltheater (Schauspielhaus) auf dem Berliner Gendarmenmarkt entstand das Zivilkasino in der heutigen Potsdamer Dortustraße, eine Art Gesellschaftslokal unter anderen mit Speise- und Tanzsaal. Das Gebäude wurde 1945 schwer beschädigt, die Ruine abgetragen. Zurückhaltend war die Formensprache in der äußeren Architektur, von ausgesuchter Festlichkeit die innere Gestaltung.
Die in der Bombennacht im April 1945 schwer in Mitleidenschaft gezogene kuppelbekrönte Nikolaikirche am Alten Markt konnte wieder aufgebaut und 1981 eingeweiht werden. An diesem zentralen Platz Potsdams befanden sich schon vorher zwei Kirchen, die abgerissen wurden bzw. ausbrannten. Schinkel bekam den Auftrag, eine neue Kirche zu bauen. 1830 wurde der Grundstein gelegt. Der Architekt favorisierte einen Zentralbau mit einer die Stadt beherrschenden Kuppel. Friedrich Wilhelm III. wollte aber eine Basilika mit einer Zweiturmfassade gebaut sehen. Während der Bauphase konnte aber der König überzeugt werden, dass seine architektonischen Vorstellungen nicht greifen. Schinkel hatte in Friedrich Wilhelm (IV.) einen engagierten Befürworter für einen Kuppelbau. Die beiden Türme wurden nicht verwirklicht. Stattdessen baute man vor dem quadratischen Zentralbau ein Giebeldreieck. Erst nach dem Tode des Königs wurde ab 1840 der ursprüngliche Plan Schinkels mit der Kuppel verwirklicht. Doch konnte er sein Werk nicht mehr in Augenschein nehmen. Während der Bauarbeiten starb er. Ludwig Persius und August Stüler setzten das Werk fort. Am 24. März 1850 fand die Einweihung statt. Auch für andere Potsdamer Kirchen war Karl Friedrich Schinkel beschäftigt, zumindest innengestalterisch. Er entwarf die Ikonenwand in der Russischen Kapelle Alexander Newski, die Kanzelwand in der Französischen Kirche, die Dekoration der Kanzelwand in der Garnisonkirche.
Schinkels Aufgabengebiet war umfassend. Er baute für die Residenzstadt Kasernen, Torhäuser für die 1825 neu geschaffene Lange Brücke, beriet Bauherren und begutachtete Gebäude und Entwürfe. Und immer wieder wurde er für die Familie der Hohenzollern tätig. So auch für Prinz Wilhelm (Kaiser Wilhelm I.) und seine Frau Augusta. Im neugotischen Stil entstand auf dem Babelsberg ein Schloss, das nach Schinkels Tod durch die Baumeister Ludwig Persius und Johann Heinrich Strack eine Erweiterung erfuhr. Doch ein besonderes architektonisches Kleinod glückte dem Architekten 1826 bis 1829 mit dem Umbau des Landhauses Charlottenhof in eine antike Villa von schlichter Eleganz, südlich des Schlosses Sanssouci gelegen. Sie war für den Kronprinzen Friedrich Wilhelm bestimmt. In ihr wollte sich der Kronprinz zurückziehen und seiner Antikenverehrung nachgehen. Auch für die Innengestaltung der Räume fühlte sich Schinkel verantwortlich. Er wurde dabei als Designer tätig. Ab 1829 entstanden unweit von Schloss Charlottenhof die Römischen Bäder und das Hofgärtnerhaus, eine asymmetrische Anlage von malerischer Wirkung. Auch die ausgefeilte Parkgestaltung von Peter Joseph Lenné hatte wesentlichen Anteil daran, dass Charlottenhof und die Römischen Bäder ein eindrucksvolles Areal von großer Kostbarkeit wurden.
Neben Berlin kann sich Potsdam glücklich schätzen die bedeutenden architektonischen und auch kunsthandwerklichen Arbeiten Schinkels am meisten in ihren Mauern zu haben – eine verantwortungsvolle Aufgabe für heutige und künftige Generationen, diese Schönheiten Preußens zu bewahren.
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