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Kultur: Bedrohlich oder nur Papiertiger?

In der neuen Ausstellung der SperlGalerie zeigt sich der Mecklenburger Malte Brekenfeld malerischer

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In der neuen Ausstellung der SperlGalerie zeigt sich der Mecklenburger Malte Brekenfeld malerischer Das Fenster ist weit geöffnet und immer wieder stecken neugierige Passanten ihre Köpfe herein. Kurz darauf stehen sie mitten in der Galerie, um sich das kraftvoll überschäumende Farbwunder aus der Nähe anzuschauen. Die lustvoll fabulierenden Bilder Malte Brekenfelds sind offensichtlich ein Magnet für die Sinne, auch wenn sie noch unplatziert an den Wänden lehnen. Ab morgen zur Vernissage werden sie dann ihre ganze Strahlkraft und surreale Poesie verbreiten. Der Mecklenburger Maler ist in der SperlGalerie längst kein Fremder mehr. Hier, inmitten der Holländerhäuser, hatte er vor gut zehn Jahren seine erste Ausstellung. Davor lag ein kurzer Weg der Irrungen. Denn zuerst einmal schlug der gebürtige Teterower eine naturwissenschaftliche Laufbahn ein. „Ich kannte durch Freunde den schwankenden Boden des Künstlerdaseins.“ Auch hatte er sich bereits mehrmals an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee beworben – vergeb lich. Also studierte er Biologie, vielleicht durch die Eltern inspiriert, die als Veterinärmediziner arbeiteten. Nach zwei Jahren warf er jedoch das Handtuch und endlich klappte es auch in Weißensee – in der angewandten Richtung als Kommunikationsdesigner. Von klein auf erklärte sich Malte Brekenfeld die Welt auf ganz eigene Weise: Mit „Filzis“ malte er sich aufregende Cowboy- und Indianergeschichten, war in den brasilianischen Sümpfen unterwegs. Das erzählerische Zeichnen ist sein Markenzeichen geblieben. „Durch andere Studenten angeregt, kam dann Ende der 80er so etwas wie ein Vorwendezeit-Avantgardismus dazu. Oft fuhren wir nach Dresden zu den Hochschulfesten. Sie galten als provokantes und fast subversives Zentrum. Alle waren scharf darauf, dabei zu sein. Das stachelte natürlich das eigene politische Denken an.“ Allerdings sei es beim privaten Aufbegehren geblieben. Die erste Ausstellung kam erst 1991, in seinem dritten Studienjahr, hier in Potsdam. Seit zehn Jahren ist Malte Brekenfeld mittlerweile freiberuflich und er hat trotz mancher Durststrecke nie etwas anderes gemacht. „Allein kommst du vier Wochen auch nur mit einem Kohlkopf aus. Inzwischen habe ich aber zwei Töchter, dadurch ist es schon komplizierter geworden. Jetzt ist die existenzielle Angst immanenter.“ Da kam ihm im vergangenen Jahr das Angebot der Technischen Kunstschule Rostock gerade zu pass, eine Dozentenstelle für Illustration einzunehmen.“ Nun fährt er einmal die Woche von seinem 40-Seelen-Dorf in die Stadt und gibt sein Wissen weiter. „Vor fünf Jahren hätte ich den Leuten vielleicht noch einen Vogel gezeigt und auch jetzt hatte ich Bedenken.“ Inzwischen versucht er pädagogisch bedacht, das Vertrauen der Studenten zu gewinnen. Und tatsächlich scheint der Maler erwachsener geworden zu sein. Die Zeit, als er noch die Leinwände ankokelte und malträtierte „oder mit Kuhkacke aus Spanien experimentierte, um aus Scheiße Geld zu machen“ – gehört zu seinen vergangenen, wilden Jahren. Dennoch blitzt hinter seiner dunklen Brille immer noch der fröhliche Narr auf, der die Welt mit messerscharfen Pfeilen seziert und mit seiner Traumwelt konfrontiert. Malte Brekenfelds expressive Bilder tragen auf dem ersten Blick eine heitere Attitüde, doch ohne Netz und doppelten Boden. Schon die Titel seiner sehr malerisch gewordenen Werke helfen der Fantasie auf die Sprünge, ohne Einbahnstraßen zu sein. „Wenn ich mich in die Öffentlichkeit begebe, muss ich mich auch erklären.“ In seinem wandeinnehmenden Bild „Glücksverzierter Garten im Angesicht einer Ungeheuerlichkeit“ hat sich der Maler sogar selbst in die sich meterhoch aufbäumenden Wellen hinein gemalt. Offensichtlich scheint das mühsam zusammengezimmerte Seelenheil im eigenen Garten aus den Fugen zu geraten. „Die Idylle des Paradieses gibt es nicht mehr. Alles ist entweiht. Also versucht sich die Familie ihr kleines Refugium zurecht zu zimmern, ihr Glück im ,Balkonkasten“ zu finden.“ Malte Brekenfeld ist selbst inzwischen braver Haus- und Gartenbesitzer und erzählt offensichtlich auch über persönliche Erlebnisse. Natürlich kennt auch er Nachbarn mit ganz anderen Ordnungsprinzipien, als es die eigenen sind und schnell ist mitunter die Toleranzschwelle erreicht. Ja, und da möchte man das Störende vielleicht auch gern einfach mal wegpusten. Aber Malte Brekenfelds Figuren sind nicht so leicht zu fassen, sie atmen Bedrohliches oder sind vielleicht doch nur Papiertiger – Suggestion durch „Die Unendlichkeit des Augenblicks“, wie Malte Brekenfeld seine Ausstellung überschrieb. Sie purzeln förmlich aus ihm heraus, diese vieldeutigen Bildergeschichten – sobald er sich der weißen Leinwand nähert. Wie ein ausgelassener Spieler lässt er die Puppen seiner Fantasie tanzen. Und manchmal reicht ihm dafür selbst der größte Rahmen nicht: Dann müssen sich die Figuren dreidimensional behaupten. Wie der Wolf mit seinen zerlegtem Getier im Magen, der nach neuer Beute giert. Doch um ihn herum sieht es recht vegetarisch aus. Denn hier im „Wolfs-Raum“ frohlocken Malte Brekenfelds „Sommerbilder“ mit den prallen Früchten der Jahreszeit: Tomaten, Gurken, Melonen ... Nett drappiert, ergeben sie Stillleben, die alles andere als still sind. „Stattdessen wuchern sie mit ihrer prallen Obszönität und wirken geradezu erotisierend.“ Malte Brekenfeld ließ sich offensichtlich mit Hingabe auf diese amourösen Einladungen ein. Seine Bilder sind wie Fenster: immer für voyeuristische Blicke geöffnet. Heidi Jäger Ab morgen, 20 Uhr, SperlGalerie.

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