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Kultur: „Berlin-Saigon“: Zum Staunen und Nachdenken

Dirk Sagers Buch zum Film wird Montag vorgestellt

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„Im Zug zeigt sich Russland von seiner besten Seite. Olga ist die liebevolle Kommandantin unseres Waggons und betrachtet die Reisenden als ihre Schützlinge. Sie hilft beim Verstauen des Gepäcks und reicht Tee als Begrüßungstrunk ... In der sowjetischen Gesellschaft war Dienstleistung ein fremdes Wort. Bei Olga kommt die Liebenswürdigkeit direkt von Herzen.“ Viele offene und freundliche Menschen begegnete der Journalist und ehemalige ZDF-Korrespondent Dirk Sager auf seiner 16 000-Kilometer-Zugreise von Berlin-Lichtenberg nach Saigon. Vier Monate war er unterwegs, in Polen, Weißrussland, Russland, Kasachstan, China und Vietnam. So manche Orte waren ihm vertraut, als er noch von Moskau aus für das Zweite Deutsche Fernsehen berichtete. Nun war er im Auftrag seines früheren Arbeitgebers wieder unterwegs, um eine vierteilige Sendereihe zu drehen, zu einer Reise in die „andere Hälfte der Welt“, von Berlin nach Saigon. Am kommenden Dienstag beginnt im ZDF die Ausstrahlung des Films, an dessen Realisierung neben Dirk Sager der Kameramann Heinz Kerber und Assistentin Karin Köhler beteiligt waren. Mit Kerber hat Sager bereits jahrelang im Moskauer Fernsehstudio zusammen gearbeitet. Ein wenig ist der Journalist vor der ersten Sendung nach einem langen Leben mit dem Fernsehen immer noch aufgeregt. „Ich fühle mich so, als ob ich auf einen Richtplatz geführt werde und das Fallbeil sind die Quoten“, sagt Dirk Sager in einem PNN-Gespräch.

Weit verbreitet ist derzeit das Veröffentlichen von Büchern zu Filmen. Auch Dirk Sager hat nun wieder eines geschrieben, das unter dem gleichnamigen Fernsehfilmtitel im Buchhandel zu erhalten ist. „Berlin – Saigon“. Erschienen ist es dieser Tage bei Rowohlt Berlin. Der Autor wird es am kommenden Montag im Kunstraum in der Schiffbauergasse vorstellen. Die Fahrt dorthin ist für Dirk Sager nur ein Katzensprung. Vor wenigen Jahren hat er mit seiner Familie den Wohnsitz in Potsdam gefunden. Und von hier aus war der Weg nicht weit, um den Startbahnhof Berlin-Lichtenberg für eine abenteuerliche Fahrt gen Osten zu erreichen.

„Das Buch ist keine Rezension zu dieser Reise“, erzählt Dirk Sager. „Während man beim Fernsehen oftmals auf Grenzen der Differenzierung stößt, auch auf die der Sendezeit und man vieles nicht erzählen kann, ist es in einem Buch möglich, dichter an eine bestimmte Situation, an die Atmosphäre und an einzelne Menschen heranzukommen.“ Zu jedem Land, das er bereiste, habe er eine große Liebe entwickelt, so der Fernsehjournalist und Buchautor.

Während des Aufenthaltes in den einzelnen Ländern begegnete er den Schatten von Diktatoren des 20. Jahrhunderts: Hitler, Stalin und Mao Tse tung. Ihn hat es immer wieder interessiert, welche Hoffnungen die Menschen für ihre Zukunftspläne haben. So hat Sager in Weißrussland mutige, geschichtsbewusste Zeitgenossen kennengelernt. In Russland habe er aber das Gefühl gehabt, dass sich die meisten Menschen mit dem autoritären Regime Putins abgefunden hätten. Viele seien unpolitisch, außer die Intellektuellen des Landes. „Ich habe den Eindruck, dass das Land in eine Atempause getreten ist. In Kasachstan“, sagt Dirk Sager, „hadern die Bürger mit der sowjetischen Vergangenheit. In diesem noch jungen Staat schauen die Menschen vor allem in den Städten optimistischer in die Zukunft als auf dem Land. Diese sind vor allem mit der politischen Führung unzufrieden.“

Vier Wochen lang war das Fernsehteam in China. „Ich habe das Land und seine Menschen noch zu wenig verstanden. Aber man erlebt während der Begegnungen, dass die chinesische Parteiführung noch fast alles im Griff hat. Dagegen ist Vietnam wie eine Blumenknospe. Man spürt dort ein demokratisches Erwachen. So berichten beispielsweise die Medien ganz freimütig über Missstände im Land.“

Dirk Sager erzählt in seinem Buch und in seinem Fernsehbericht nicht nur über Politik, sondern auch über viele interessante Menschen, die selten im Mittelpunkt stehen, über faszinierende Landschaften, Städte und Dörfer im Osten Europas und Asiens. Ein Buch zum Staunen und Nachdenken, wie die ZDF-Filme.

Buchpräsentation, 26. März, 20 Uhr, Kunstraum Potsdam, Schiffbauergasse.

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