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Kultur: Das Gedächtnis

Frank Beyers bedeutende Sammlung wurde dem Filmmuseum übergeben

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Frank Beyers bedeutende Sammlung wurde dem Filmmuseum übergeben Künstler behaupten in der Regel, dass sie Rezensionen über ihre Arbeit ignorieren. Der Regisseur Frank Beyer muss aber eine der großen Ausnahmen sein, denn er hat wohl fast alles gelesen und vor allem gesammelt, was über ihn sowie über sein film- und bühnenkünstlerisches Werk geschrieben wurde. Welch ein Glück für die Nachwelt, aber auch für die Zeitgenossen. Frank Beyer, einer der bedeutendsten deutschen Regisseure, hat seinen Vorlass, so nennt man die Sammlung von Lebenden, dem Filmmuseum Potsdam übergeben. Mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder konnte der Ankauf ohne große bürokratische Wege vonstatten gehen, betonte Kulturministerin Prof. Johanna Wanka bei der Übergabe am Dienstagabend im Filmmuseum. Zwei Drittel der Kosten hat die Kulturstiftung übernommen, ein Drittel das Land Brandenburg. Nun befinden sich 46 Kartons aus dem Hause Beyer im Archiv des Filmmuseums. Drehbücher von allen Filmen des Regisseurs, die er drehte und nicht drehen durfte, die umfangreiche Fotosammlung, Kritiken, Briefe, Merkzettel, die Einladung zur Oscar-Nominierung des Films „Jacob der Lügner“ befinden sich darunter. „Die Akademie der Künste war beispielsweise an der Sammlung interessiert, doch die DEFA in Babelsberg war für viele Jahre meine künstlerische Heimat. Und so war es für mich folgerichtig, dass sie an das Filmmuseum Potsdam kommt“, sagte Frank Beyer vor Journalisten. Einen Karton mit zahlreichen Dokumenten zu dem DEFA-Film „Spur der Steine“ hat der Regisseur noch in seinem Hause belassen, da er an einem Buch über den „Tod und die Auferstehung“ dieses von der DDR-Staatsmacht verschmähten und verbotenen Spielfilms schreiben möchte. „Beyers Filme und Sammlung sind ein Stück Gedächtnis deutscher Film- und Alltagsgeschichte“, sagte Johanna Wanka. Und: „Viele Künstler der DDR waren Meister verschlüsselter Botschaften.“ Zu diesem Trick musste auch Frank Beyer sehr oft greifen. Aber die Funktionäre waren nicht so dumm, wie mancher dachte. Auch sie haben Beyers Kritik an der Wirklichkeit des „real existierenden Sozialismus“ entdeckt. „Manches Dokument von ,Spur der Steine’ oder ,Geschlossene Gesellschaft’ liest sich heute wie ein Politkrimi“, sagte der Regisseur. In seiner Autobiografie „Wenn der Wind sich dreht“ kann man die zum Teil haarsträubenden Auslassungen von leitenden SED–Leuten nachlesen. Nun wird die Sammlung Beyers im Museums-Archiv in „Findbüchern“ und im Computer erfasst. „Für diese Arbeit muss man gut zwei Jahre rechnen“, sagte Archiv-Chefin Elke Schieber. „Dann steht die Sammlung allen Interessierten zur Einsicht und zum Studium zur Verfügung.“ Nach der Übergabe wurde Beyers DEFA- Film „Das Versteck“ (1977) mit Jutta Hoffmann und Manfred Krug gezeigt. In der DDR kam der Film erst zwei Jahre nach Fertigstellung in die Kinos. Man verhängte „Sippenhaft“ über Beyer, weil er sowie Krug und Hoffmann gegen die Ausbürgerung Biermanns protestierten. Die beiden Schauspieler stellten zudem einen Ausreiseantrag aus der DDR. Die Dokumente zu den Auseinandersetzungen mit der SED und der Aufführung des Films gehören nun ebenfalls zu den Archiv-„Schätzen“. Klaus Büstrin

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