
© Jürgen Hochmuth
Kultur: Der König der Kartoffeln
Kulturland Brandenburg widmet sein Themenjahr unter dem Motto „Kommt zur Vernunft!“ Friedrich II.
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Es gibt diesen Cartoon des Berliner Zeichners OL Schwarzbach. Zwei Herren stehen auf der letzten Terrasse vor Schloss Sanssouci. Der eine sagt: „Und. Er hat die Kartoffel eingeführt!“ Der andere fragt ganz sachlich interessiert: „Aha. Wem denn?“
So herrlich frech und respektlos ist die sprachliche Verirrung um die Legende vom großen Kartoffelkönig Friedrich II. wohl selten auf den Punkt gebracht worden. Und während man noch herzhaft lacht über diesen kleinen Geniestreich, drängt sich immer mehr die Frage auf: Ja, hat er nun oder hat er nicht? Sprich: Den gemeinen Brandenburger im 18. Jahrhundert mit dem knolligen Glück der Solanum tuberosum gesegnet? War es Friedrich II., der die heilige Erdfrucht als erster, wie es die hartnäckige Legende besagt, dem mageren märkischen Boden angedeihen ließ?
Er war es nicht! „ Auch in Brandenburg war die Kartoffel als essbare Knolle schon vor der Regierungszeit Friedrich II. bekannt“, schreibt Antonia Humm in ihrem schlicht „Kartoffel“ überschriebenen Aufsatz in „Friedrich, Fritz, Fridericus. Ein Handbuch zum König“, das am gestrigen Donnerstag bei der Pressekonferenz von Kulturland Brandenburg vorgestellt wurde. Das Buch, an dem 35 Autoren mitgearbeitet haben, ist der Begleitband zu den über 300 Veranstaltungen in etwa 40 Orten im Land Brandenburg, die vom Verein Kulturland Brandenburg in diesem Jahr zum Thema Friedrich II. angeboten werden. Mit dem Friedrich-Zitat „Kommt zur Vernunft!“ ist dieser Veranstaltungsreigen überschrieben, der schon im Januar begonnen hatte, als sich am 24. Januar der Geburtstag des berühmten Preußenkönigs zum 300. Mal jährte.
Es ist ein abwechslungsreiches Programm, das Brigitte Faber-Schmidt, Geschäftsführerin vom Kulturland Brandenburg e.V., zum Themenjahr verspricht. Eine Mischung aus Wissenschaft und Folklore, Regionalgeschichte und touristischen Angeboten. Veranstaltungen, die sowohl den an einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Preußenkönig Interessierten ansprechen sollen, als auch die, die mit Friedrich II. bisher wenig oder überhaupt nichts anfangen konnten. So darf von Ende April an in Neuruppin ein Gewächshaus bestaunt werden, das den Kronprinzen Friedrich mit gärtnerischer Leidenschaft präsentiert. Im Mai sollen dann im Rheinsberger Schlosspark mehrmals „300 Flöten für Friedrich“ erklingen.
Wen solche Versprechen schrecken, die auch wie Drohungen klingen, für den bietet Kulturland Brandenburg genug, das als ernsthafte Auseinandersetzung mit der Geschichte um Friedrich II. verstanden werden kann. Sei es die Ausstellung „Friedrichs neue Provinzen“ ab Anfang Mai im Schloss Freienwalde, die sich mit der inneren Kolonisation im 18. Jahrhundert auseinandersetzt, sei es die Konzertreihe „Friedrich II. und Johann Sebastian Bach. Zwei Persönlichkeiten im Spannungsfeld ihrer Zeit“ ab Anfang Juni in Paretz oder die Fachtagung „Krieg und Frieden im 18. Jahrhundert (1701-1789)“ im September an der Universität – die Auswahl ist groß. Inwieweit bei diesen Veranstaltungen wirklich eine kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit der Herrschaft Friedrichs II. stattfindet, wird sich erst zeigen. Mit dem Buch „Friedrich, Fritz, Fridericus. Ein Handbuch zum König“ ist in dieser Hinsicht aber zumindest schon etwas Herausragendes gelungen.
Dieses Kompendium, das von „A“ wie „Alter Fritz“ bis „Z“ wie „Zieten“ reicht, ist zwischen den zahlreichen Neuerscheinungen zum Preußenkönig jedem zu empfehlen, ob Preußenkenner oder nicht! Kurze, aber gehaltvolle und gut geschriebene Aufsätze, in die neueste Forschungen eingeflossen sind, die sich mit zahlreichen Facetten Friedrichs II. beschäftigen. Übersichtlich, mit großzügig-luftigem Schriftbild und zahlreichen Bildern ist dies ein Buch, das einen das gesamte Friedrich-Jahr begleiten kann und sollte. Ein Buch, das hinsichtlich vieler Geschichten, Legenden und Halbwahrheiten für ein wenig Klarheit sorgt. Wie bei der Geschichte mit der Kartoffel. Die hat Friedrich zwar nicht „eingeführt“, aber er hat dafür gesorgt, dass sie flächendeckend, vorerst zwar nur im kleinen Rahmen, in Brandenburg kultiviert wurde.
Friedrich, Fritz, Fridericus. Ein Handbuch zum König, Verlag Koehler & Amelang, Leipzig 2012, 16,90 Euro
Informationen zum Programm unter www.kulturland-brandenburg.de
Dirk Becker
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