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Kultur: Deutsche Polizisten und Geschwister

Filmreihe zum deutsch-türkischen Kino im Filmmuseum

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Filmreihe zum deutsch-türkischen Kino im Filmmuseum Polizisten sind der Inbegriff staatlicher Autorität; sie repräsentieren den Staat im Alltag. Obwohl die deutsche Gesellschaft längst eine multi-ethnische ist, ist es noch nicht selbstverständlich, dass die Polizei diesen Umstand widerspiegelt. Aysun Bademsoy hat in ihrem Dokumentarfilm „Deutsche Polizisten“ (1999) Berliner Polizeibeamte beobachtet, die in Kreuzberg/Neukölln ihren Dienst leisten und deren Schwierigkeiten im Alltag dargestellt. Damit sie den Diensteid ablegen konnten, mussten sie ihre ursprünglichen Pässe abgeben. Obwohl sie in Berlin aufgewachsenen sind, war dies für die jungen Männer oft kein leichter Schritt, gaben sie damit doch alle Ansprüche in ihren Herkunftsländern auf. Oft genug werden die Beamten von Menschen mit ähnlicher Herkunft als „Verräter“ bezeichnet. Einsätze gegen solche „Landsleute“ sind keine Seltenheit, die Befürchtung, Freunden oder Verwandten dienstlich zu begegnen, ist ständiger Begleiter. Dennoch verstehen sie sich als „Eisbrecher“ zwischen dem deutschem Staat und Einwanderern beziehungsweise deren Kindern. Das Motiv eines türkischstämmigen Jugendlichen, der zur Polizei möchte, taucht auch in Thomas Arslans Film „Geschwister“ von 1996 auf, dem der Berliner Filmwissenschaftler Claus Löser „hohen dokumentarischen Wert“ bescheinigt. Vordergründig sei dies, so Löser in einer Podiumsdiskussion mit den Regisseuren Bademsoy und Arslan am Montag im Filmmuseum, ein Spielfilm. Da jedoch weitgehend auf abgesperrte Sets verzichtet wurde, sei ein geradezu dokumentarischer Blick in das Berlin rund um das Kottbusser Tor gelungen. „Geschwister" erzählt die Geschichte dreier junger Menschen, die eine deutsche Mutter und einen türkischen Vater haben und so wahrhaft zwischen den Kulturen stehen. Obwohl er kaum noch eine Verbindung zur Türkei hat, sich sogar vorhalten lassen muss, „nicht einmal richtig Türkisch“ zu sprechen, entscheidet sich der älteste Bruder, gegen den Wunsch der Mutter, den Militärdienst in der Türkei anzutreten, um seiner Perspektivlosigkeit in Deutschland zu entkommen. Das mittlere der drei Kinder, Ahmed, scheint der deutschen Mehrheitsgesellschaft am nächsten. Doch selbst er ist nur bedingt in der Lage, aus der auch selbstverschuldeten Ghettoisierung auszubrechen. Wohl nicht zuletzt durch seine eigenen Erfahrungen ist es Thomas Arslan tatsächlich gelungen, einen glaubhaften Spielfilm mit dokumentarischem Blick zu realisieren. Dass das Phänomen des deutsch-türkischen Kinos ebenso vielfältig ist, wie die türkisch-deutsche Einwanderergeschichte selbst, zeigen die Biografien der beiden Filmemacher. Während Arslan, der in Berlin geboren und aufgewachsen ist, nur wenig Bezug zur Türkei hat, verbringt die 1960 im türkischen Mersin geborene Aysun Bademsoy viel Zeit mit ihrer Familie in der ursprünglichen Heimat, auch wenn sie seit ihrem 9. Lebensjahr vorwiegend in Berlin lebt. Sie plant ihren nächsten Film über Menschen, die nach Jahren in Deutschland in die Türkei zurückkehren. Dennoch möchten die Regisseure nicht auf die deutsch-türkische Thematik reduziert werden, zumal sie kein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer wie auch immer gearteten Gruppe deutsch-türkischer Filmemacher empfinden. Moritz Reininghaus

Moritz Reininghaus

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