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Kultur: Die Entdeckung neuer Klangwelten
25 Jahre Internationaler Orgelsommer: Morgen ist Auftakt in der Friedenskirche mit der Jazz-Organistin Barbara Dennerlein
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Kantor Joachim Walter hat den diesjährigen Internationalen Orgelsommer Potsdam, obwohl er schon von schwerer Krankheit gezeichnet war, konzeptionell und organisatorisch mit großer Intensität und Fantasie vorbereitet. Das 25. Jubiläum sollte mit besonderer Festlichkeit und musikalischen Überraschungen begangen werden. Nun wird das kleine, aber feine Festival am 1. Juli in der Friedenskirche Sanssouci ohne Kantor Walter eröffnet. Er starb nach schwerer Krankheit am 15. Juni. Bei seinem Dienstantritt vor eineinhalb Jahren hat der aus der holsteinischen Stadt Preetz nach Potsdam gekommene Kirchenmusiker sofort erkannt, dass der vor einem Vierteljahrhundert von den Kirchenmusikdirektoren Friedrich Meinel und Matthias Jacob ins Leben gerufene Orgelsommer zu einer festen Größe in der Landeshauptstadt und darüber hinaus gewachsen ist.
Mit spannenden und innovativen Programmen wurde von Anfang an die Vielfalt der Orgelmusik an den Potsdamer Instrumenten demonstriert: an der silberhellen neobarocken Schuke-Orgel der Erlöserkirche sowie der imposanten sinfonischen Orgel, die die Marbacher Firma von Gerald Woehl für die Friedenskirche im Park Sanssouci schuf. Somit wurde es möglich, die beiden Orgeln vergleichend zu hören und die verschiedenen Charaktere der Instrumente in den so konträren Kirchräumen zu hören. Zudem brachte das Musikfest stets Organisten nach Potsdam, deren musikalisches Kennenlernen und gute Bekanntschaft mit den „Königinnen der Instrumente“ für die wachsende Zahl der Zuhörer eine Bereicherung sind. Mit Friedrich Meinels Eintritt in den Ruhestand in den 90er-Jahren übernahm der Friedenskirchen-Kantor Matthias Jacob bis vor gut zwei Jahren die alleinige Verantwortung für den jährlichen Orgelsommer.
Zwölf Konzerte, die nun der Potsdamer Kirchenmusiker Tobias Scheetz interimistisch leitet, werden wie in den Jahren zuvor an jedem Mittwochabend bis Mitte September veranstaltet. Traditionell sind die Erlöser- und die Friedenskirche die Orte, in denen zum Orgelsommer eingeladen wird. In diesem Jahr kommt erstmals ein weiteres Gotteshaus hinzu: die Französische Kirche mit ihrem barocken Instrument aus dem Jahr 1783, das von dem Brandenburger Johann Wilhelm Grüneberg erbaut wurde.
Zum Auftakt in der Friedenskirche gibt es einen ungewöhnlichen Konzertabend. Die Münchener Organistin Barbara Dennerlein gilt als eine der renommiertesten Jazz-Musikerinnen Deutschlands und darüber hinaus. „Durch die meisterhafte Beherrschung des Pedalspiels gelingt es Barbara Dennerlein, mit unter anderem von ihr speziell für die Pfeifenorgel komponierten Werken die immensen Klangmöglichkeiten voll auszuschöpfen und das doch etwas ,träge’ Instrument zum Swingen zu bringen“, heißt es in einer Kritik über ein Konzert der Künstlerin. Gastspiele an der Gewandhausorgel in Leipzig, der Klaisorgel in der Münchner Philharmonie, der Steinmeyer-Orgel im Hamburger Michel oder an der Grönlund-Orgel der Eismeerkathedrale im norwegischen Tromsdalen bestätigen ihren Ruf als eine faszinierende Musikerin.
Nach der Entdeckung von neuen Klangwelten geht es bei den folgenden elf Konzerten des Internationalen Orgelsommers wieder traditioneller zu. Natürlich ist Johann Sebastian Bachs Orgelmusik präsent. Doch César Franck, ein französischer Komponist, Organist und Lehrer der Hochromantik, wird 2015 im Zentrum der Orgelmusik-Reihe stehen. Zu dessen 125. Todestag werden die Künstler in zehn Konzerten jeweils ein Werk des Pariser Meisters präsentieren. Ihre zumeist facettenreichen Programme haben die Organisten selbst ausgewählt: unter anderen Holger Giering von der Dresdner Kreuzkirche, Iris Rieg aus Köln, die Dänin Birgitte Ebert, der Kanadier Robert Smith. Erstmals in der Orgelsommer-Geschichte gibt es einen Duo-Abend, bestritten von der Japanerin Ai Yoshida und dem Italiener Alex Gaida. Matthias Jacob, der Vorgänger von Joachim Walter im Kantorenamt, ist ebenfalls auf der Woehl-Orgel der Friedenskirche, deren Bau er mit initiierte, zu hören. Walter hat in schweren Krankheitstagen geahnt, dass er ein für ihn kräftezehrendes Orgelkonzert nicht mehr bestreiten kann. Er hat aber vorgesorgt. Den Abend am 9. August gestaltet die in Berlin lebende Russin Anna Vavilkina.
Klaus Büstrin
Internationaler Orgelsommer Potsdam: erstes Konzert mit Barbara Dennerlein am Mittwoch, 1. Juli, um 19.30 Uhr, in der Friedenskirche Sanssouci. Es werden Sonderpreise für das Konzert erhoben
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