Kultur: Die ganze City jazzt
Ab 8. September gibt es zum 7. Mal das Potsdamer Jazz Festival: 17 Konzerte an 13 Orten
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Die schlechte Nachricht zuerst: Für das Eröffnungskonzert des Potsdamer Jazz Festivals sind die Karten ausverkauft. Restlos. Wer nicht das Vergnügen hat, am 8. September mit dabei zu sein, wenn die bildschöne Joy Denalane mit ihrer charismatischen Stimme den Soul seelenvoll im Nikolaisaal erblühen lässt, kann sich daheim mit ihrem neuen Album trösten. „Born & Raised“ zeigt die „deutsche Soulgöttin“ noch reifer und nun ausschließlich mit Englisch gesungenen Liedern.
Das Angebot der Jazztage ist indes weit gesteckt, und Soul ist dabei nur eine der klangvollen Facetten.
Und nun die gute Nachricht: Zu den anderen 16 Konzerten an 13 attraktiven Orten gibt es überall noch Karten, und bei vielen ist der Eintritt sogar frei. Die Vertreter der sechs in der AG Jazz vereinten Institutionen erzählten auf der gestrigen Pressekonferenz, wie trotz finanziellem und organisatorischem Kraftakt durchaus hochkarätige Gäste das Festival krönen werden. Da kann man sich auf einen Soloabend mit dem schon die DDR-Jazz-Szene aufmischenden Konrad „Conny“ Bauer freuen, dessen Improvisationstalent und Dauerblasen ein Ohrenschmaus versprechen. Großorchestrale Klänge hallen durch die Französische Kirche. Denn mit Hilfe elektronischer Samples werden mehrstimmige Melodienlinien eingespielt, über denen Bauer mit seiner Posaune dann exzessiv improvisiert.
Während diese Ein-Mann-Show vielleicht eher die schon überzeugten Jazz-Freaks anlockt, befriedigt das große open air „Jazz am Tor“ am 9. September sicher ein breit angelegtes Musikempfinden. „Auch wir haben ein Feuerwerk in petto, ohne dass es in Potsdam ja kaum ein Ereignis mehr zu geben scheint“, kündigt Jürgen Börner von der Jazzinitiative an. Sein Feuerwerk kommt allerdings musikalisch daher und beginnt bereits am Vormittag mit der mitreißend karibischen Musik der „carribean marching band“ am Karstadt-Kaufhaus. Das Berliner Jugend Jazzorchester spielt dann ab Nachmittag am Brandenburger Tor moderne Kompositionen für Jazz Big Bands. Und als eine ganz verrückte Bläsertruppe, die sehr experimentell versucht, Folklore neu zu erfinden, kündigt Börner Shoot The Moon an. Schließlich gibt es auch noch das Julia Hülsmann Trio, das mit Eigenkompositionen nach Potsdam kommt und dabei von dem jungen Sänger Daniel Mattar unterstützt wird.
Am 10. September heißt es dann: „Die City jazzt den Sonntag“: Da gibt es einen Bluesbrunch in der Wilhelmgalerie mit Potsdamer und Berliner Blues-Matadoren, einen Coctail aus Latin, Modern Jazz und Weltmusik am Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte mit „Groovetet 2006“ und ein „Double Wood“ im Luisenforum. Zu einer etwas arteigenen Melange von Jazz und Drachenfest lädt der Volkspark am 9. und 10. September ein. Eine Symbiose, die durchaus funktioniert, wie das Vorjahr bewies. Also wurden wieder fünf Bands eingeladen, die die Himmelstürmer musikalisch beflügeln. Da gibt es die Brothers of Blues, die auch jungen Leuten den Blues schmackhaft machen. Filmmusik, argentinischen Tango, Chanson und Swing lassen Belleville aus Potsdam ineinander fließen.
Als eine schillernde Gestalt, die ein verrücktes Happening anzuzetteln versteht, kündigt Ingo Bröcker vom Waschhaus den Solo-Pianisten Gonzales an. Seine an Musik von Arvo Pärt und Eric Satie angelehnte Musik sei ein Genuss: fast schwerelose Alleinausflüge am Klavier sind mit ihm in der Schinkelhalle zu erleben: am 13. September. Und der Nikolaisaal wartet zu guter Letzt am 15. September noch einmal mit einer besonderen Stimme auf. Passend zur Melancholie des Herbstes mit einer Mischung aus schwermütigem Fado, Bossa Nova und Jazz: Musik in himmeltrauriger Schönheit von Laura Lopez Castro. Potsdam jazzt – in Galerien, Höfen, Sälen und auf Plätzen. Geladen wird zu einem Festival, das schon lange kein Insider-Dasein mehr führt. Heidi Jäger
Karten gibt es im PNN-Shop bei Karstadt, Tel. 0331-60 12 318. Das Programm unter www.potsdamer-jazzfestival.de
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