Kultur: Die Heimkehr des Odysseus
Die Preußische Schlösserstiftung gab zwei Gemälde an ihre Eigentümer zurück
Stand:
Die Preußische Schlösserstiftung gab zwei Gemälde an ihre Eigentümer zurück Die Reise des Odysseus geht nun zu Ende. Wie in der antiken Sage hat es der Held zurück nach Hause geschafft. Allerdings wird ihn nicht die schöne Penelope in die Arme schließen, sondern die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau. Das von Johann Heinrich Beck ( 1788-1875) stammende Bild „Odysseus bei Kalypso“ lag fast 50 Jahre im Depot der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) auf „Reede“, bevor es gestern Kurs auf den Heimathafen nahm. Dieses erfreuliche Schicksal nach Jahrzehnten der „Dämmerung“ wurde auch einer Fürstin von Anhalt-Köthen zuteil, deren Porträt gestern ebenfalls an seinen angestammten Platz zurück kehrte. Mit der Rückgabe dieser zwei Gemälde half das SPSG 60 Jahre nach Kriegsende, weitere Lücken im Bestand bedeutender Kunstsammlungen in Deutschland zu schließen. Nach Potsdam gelangten die Bilder aus Unkenntnis ihrer wahren Herkunft. 1958 rollten Güterzüge-weise wertvolle Kunstschätze – wie auch das Grüne Gewölbe und der Pergamonaltar – von Russland nach Deutschland zurück. Insgesamt 1,2 Millionen Heimkehrer-Werke zählte man. Sie wurden in der Nationalgalerie Berlin sortiert und von dort au, ihren ursprünglichen Besitzern zurück gegeben – so weit diese auszumachen waren. Nicht jedes Werk konnte eindeutig identifiziert werden, zumal oft auch die Inventare der Museen und Kunstsammlungen im Krieg verbrannt wurden. Potsdam erhielt bei dieser Rückführungsaktion rund 500 Kunstschätze, darunter neun Bilder, bei denen es nicht gelang, den einstigen Besitzer auszumachen. Dem Zufall und argusäugigem Blick des Potsdamer Gemälde-Kustos Gerd Bartoschek war es zu verdanken, dass die Ungewissheit bei zwei von ihnen nun ein Ende fand. Ein Vortrag führte im November 2004 den versierten Kunstkenner in das Büro der Direktorin des Köthener Museums. Dort hing ein Stammbaum des Köthener Fürstengeschlechts mit dem Bildnis von Agnes Wilhelmine von Wuthenau. Genau also von jener Dame, die Bartoschek seit Jahrzehnten „herrenlos“ im eigenen Fundus wusste. Inzwischen ist bekannt, dass das Porträt der Fürstin, das dem preußischen Hofmaler Antoine Pesne zugeschrieben wird, seit dem 19. Jahrhundert im Schloss Oranienbaum hing. 1943 wurde es zum Schutz vor den russischen Truppen wie viele andere Kunstschätze auch in eine Kiste verpackt und in den Schacht Solvayhall bei Bernburg gebracht. Die Rote Armee nahm es schließlich mit ins Historische Museum Moskau. Dort verbrachte es seine Zeit u.a. gemeinsam mit „Odysseus bei Kalypso“. „Odysseus“ trug wiederum in kyrillischer Schrift einen Aufkleber mit dem Namen „Beck“. „Ich hegte gleich den Verdacht, es könnte ein Werk aus dem Dessauer Raum sein, schließlich war Beck dort Hofmaler“, so Bartoschek, der sich inzwischen bestätigt weiß. Beide Bilder blieben in Potsdam über die Jahrzehnte unberührt und in einem relativ guten Zustand. Bevor sich die Fürstin jedoch einer Schönheitskur unterzieht, wird sie schon mal „ungeschminkt“ der Öffentlichkeit präsentiert, versprach Thomas Weiss. Der Direktor der Kulturstiftung DessauWörlitz zeigte sich auf der gestrigen Pressekonferenz sehr erfreut über die ganz unvermutete Potsdamer Gabe. „Entweder präsentieren wir die Fürstin wie früher in Oranienbaum oder aber in Mosigkau.“ Dort sei der Bestand durch Rückübertragungsansprüche sehr ausgedünnt. „Um so erfreulicher ist es, mal etwas zu bekommen.“ Auch Amtskollege Norbert Michels schwärmte von diesem „wunderbaren Tag“. „Ich hätte nie ein Bild von uns hier in Potsdam vermutet. Man glaubt immer, sie befinden sich in fernen Ländern und vor allem in Russland. Aber drei Bilder wurden gerade auch auf einem New Yorker Kunstmarkt entdeckt.“ Seine Anhaltische Gemäldegalerie hat einen Verlustkatalog von rund 300 Bildern zusammengestellt. Wenn das Bildnis des Odysseus für heutigen Geschmack auch etwas gewöhnungsbedürftig sei, „für unsere Sammlung ist es dennoch wichtig.“ Schließlich sei es von Becks eigener Hand gemalt, und nicht nur eine Kopie, wie die meisten „Becks“der Galerie. Die Preußische Schlösserstiftung, die im vergangenen Jahr einen Verlustkatalog mit rund 3000 Kunstschätzen herausgab, wolle mit dieser Rückgabe natürlich auch andere Museen animieren, genauer ihre Bestände auf Fremdeigentum zu durchforsten und zu bereinigen, so Generaldirektor Hartmut Dorgerloh. Man könne nicht nur aus Russland Schätze zurück haben wollen, und nicht einmal in Deutschland die Situation geklärt haben, betonte auch Thomas Weiss. Die Odyssee der „Kriegsbeute“ scheint noch lange nicht zu Ende. Heidi Jäger
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: