
© Bernd Settnik/dpa
Kultur: Die lange Reise der Salome
Wertvolle Rubens-Kopie ist seit Mittwoch wieder in der Bildergalerie Sanssouci zu sehen
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Friedrich ohne Ende. So könnte man meinen, wenn man in den Veranstaltungskalender der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten für das kommende Jahr schaut. Denn 2013 gibt es bereits wieder ein Jubiläum zu feiern: 250 Jahre Bildergalerie Sanssouci. War die damalige zeitgenössische Kunst vor allem in Friedrichs Wohnschlössern untergebracht, so kamen in die Bildergalerie Werke alter Meister Italiens oder Flanderns mit biblischen und mythologischen Themen. Auch das Gemälde „Salome mit dem Haupt Johannes des Täufers“ von Peter Paul Rubens. Der preußische König erwarb das Bild als Kopie. Das Original des 1624/25 entstandenen Gemäldes ist leider verschollen.
Diese Kopie, man findet noch weitere Wiederholungen in der Gemäldegalerie Dresden und in Lyme Park in Großbritannien, verschwand in den Wirren der Nachkriegszeit im Jahre 1945 aus Rheinsberg. Dorthin wurde es drei Jahre zuvor mit anderen Kunstwerken aus preußischen Schlössern ausgelagert. Ein sowjetischer Soldat hat das Kunstwerk als Trophäe in seine Heimat mitgehen lassen. Dort schmückte es die Wohnung der Familie bis in die achtziger Jahre. Dann übersiedelte die Familie in die USA. Im Gepäck die Rubens-Kopie.
Man kann vielleicht von Glück sagen, dass sie vor eineinhalb Jahren in Kalifornien in einem Kunst-Auktionshaus wieder auftauchte, denn die Verhandlungen mit amerikanischen Behörden über die Rückführung von Kriegsverlusten laufen unkompliziert. Schwierig ist es nach wie vor mit anderen Ländern, beispielsweise mit Russland. Nahezu 4000 Gemälde, die seit 1945 aus den preußischen Schlössern verschwanden, sind als Kriegsverluste aufgelistet und publiziert.
Die Familie aus Russland wollte das Bild natürlich zu Geld machen. Mithilfe des Art Loss Registers, der weltweit größten Datenbank verlorener oder gestohlener Kunstwerke, konnte das Werk als Kriegsverlust identifiziert und durch das Department of Homeland Security festgestellt werden. Schlösserdirektor Samuel Wittwer reiste in die USA und anhand einer Schwarz-Weiß-Fotografie belegte er, dass die kostbare Kopie in die Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gehöre. Die Familie aus Russland wurde überzeugt, dass der rechtmäßige Eigentümer sich in Potsdam befinde.
Es ist erst wenige Tage her, dass „Salome mit dem Kopf des Johannes des Täufers“ ihre Reise zurück nach Potsdam machte, dort, wo sie fast 180 Jahre in der Bildergalerie zu Hause war. Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika, Philip D. Murphy, übergab gestern Nachmittag die Rubens-Kopie der Schlösserstiftung und Generaldirektor Hartmut Dorgerloh lobte die wunderbare Zusammenarbeit mit den Behörden der USA in Sachen Restitution.
Friedrich der Große hat, wie andere Monarchen seiner Zeit, auch Kopien von berühmten Gemälden und Malern angekauft. Er wollte damit beweisen, dass er den gleichen hohen Kunstgeschmack besitze wie seine „Kolleginnen und Kollegen“ anderer Länder. Kopien haben damals, ähnlich wie Originale, eine hohe Wertschätzung erfahren. Das Phänomen des Kopierens ist aber so alt wie die Kunst selbst.
Der flämische Barockmaler Peter Paul Rubens gehörte zu den Künstlern, die Friedrich der Große sehr verehrte. 38 Gemälde waren in seinem Besitz. In der Bildergalerie findet man unter anderen das lichte Bild der „Musizierenden Engel“ und die strenge Darstellung der vier Evangelisten, zu denen auch Matthäus und Markus gehören. In ihren Büchern kann man die Geschichte von Salome, der Stieftochter des König Herodes, nachlesen. Ihre Mutter Herodias stachelte ihre Tochter auf, Johannes den Täufer hinrichten zu lassen. Denn der Prophet hat das Herrscherpaar in aller Öffentlichkeit wegen eines doppelten Ehebruchs kritisiert. Herodes erfüllt seiner Stieftochter den mörderischen Wunsch. Johannes wird enthauptet.
Die Szene Salome mit dem Kopf des Johannes in einer Schale wurde von Künstlern aller Epochen immer wieder gestaltet. Aber auch Dichter und Musiker ließen sich von der Geschichte faszinieren. Auf dem Rubens-Bild schaut eine dunkelhaarige junge Frau den Betrachter an, kostbar die Kleidung und der Schmuck. Ihr hält eine dunkle Gestalt, der Henker, den abgeschlagenen Kopf des Johannes entgegen. Neugierig, doch auch ängstlich, betrachtet von der Seite her eine Dienerin das Geschehen.
Bis zum Ende dieser Saison kann man das Gemälde in der Bildergalerie, dem ersten selbstständigen Museumsbau in Europa, besichtigen. Im Winterhalbjahr soll die Rubens-Kopie, so Schlösserdirektor Samuel Wittwer, in die Restaurierungswerkstatt aufgenommen werden, damit es im Jubiläumsjahr der Bildergalerie seinen alten Platz wieder einnehmen kann. Zu sehen sind in der Galerie derzeit auch neun Werke (das zehnte befindet sich in der Friederisiko-Ausstellung), die seit dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls verschwunden waren und vor zwei Jahren wieder auftauchten. Sie überstanden die Zeiten in einer Berliner Familie, die nicht wusste, welchen Schatz sie beherbergte. In einem Auktionshaus wurde anhand der Inventarnummern die Herkunft erkannt. Die Familie übergab die Bilder wieder an die Stiftung. Es sind Arbeiten von Antoine Pesne, Jean Raoux, Hendrik van Limborch und aus der Werkstatt von Peter Paul Rubens.
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