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Kultur: Die leisen Bereiche betont

Schweriner Domkantor Jan Ernst beim Orgelsommer in der Friedenskirche Sanssouci

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Orgelmusik französischer Komponisten gehört zum Standardrepertoire deutscher Organisten. Aber sie bedarf Interpreten, die die Sensibilität für die filigrane Feinarbeit der Werke aus der Barockzeit aufbringen und zugleich die Kraft haben, der Monumentalität der Musik des 19. und teilweise des 20. Jahrhunderts zu begegnen. Der Internationale Orgelsommer Potsdam präsentierte in seiner nun zu Ende gehenden Saison mehfach französische Orgelmusik. Joachim Walter, Kantor an der Friedenskirche Sanssouci und künstlerischer Leiter des Festivals, hatte bereits in seinem ersten Konzert ausschließlich Werke aus Frankreich musiziert.

Am Mittwoch hat Jan Ernst zwar ein gemischtes Programm mit Kompositionen aus Deutschland, Österreich und Belgien gespielt, doch im Vordergrund stand Französisches. Der gebürtige Ostfriese ist Domkantor von Schwerin. Dort erklingt unter seinen Händen und Füßen seit mehr als 20 Jahren die Ladegast-Orgel, eines der größten erhaltenen historischen Instrumente des 19. Jahrhunderts, die mit einer eindrucksvollen Spannbreite des Ausdrucks ausgestattet ist. Auch mit der sinfonischen Woehl-Orgel der Friedenskirche versteht Ernst daher wohl umzugehen. Die Klanggewalt des vollen Instruments und ihre zarten Register und den zahllosen Zwischenstufen und -tönen wurden in den Interpretationen des Schweriner Kirchenmusikers erlebbar. Er strukturierte die Werke mithilfe einer genau überlegten Registrierung: zunächst bei Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge a-Moll BWV 543, das vor allem durch die ungewöhnliche durchgängig dunkel gefärbte und warme Farbgebung des Registrierens imponierte.

Mit Fingerfertigkeit und einem abwechslungsreichem Spiel gab Ernst danach Bearbeitungen von drei Stücken aus dem Ballett „Les Indes galantes“ und der Oper „Zoroastre“ des französischen Barockmeisters aus der Zeit Ludwig XV., Jean-Philippe Rameau, zum Besten. Der Komponist war jahrelang Organist, unter anderem in Paris. Aber erstaunlicherweise ist von ihm kein einziges Orgelwerk überliefert. Neben den tänzerischen Elementen der Piecen imponierten vor allem ihre versonnenen Momente. Die gab es auch bei den beiden musizierten Kirchensonaten Mozarts, die aber eher gefällig wirkten. Doch erweisen sie sich oftmals als ein feiner Ruhepol im oftmals kernigen und majestätischen Orgelklang.

Das Kernige fiel bei Jan Ernst zumeist weg. Er setzte den Erfordernissen der Musik entsprechend zwar durchaus die maximale Klangpracht der Orgel ein, doch arbeitete er viel stärker die leisen Bereiche heraus. Hierbei gelangen ihm immer wieder Passagen von wunderbarer Klangwirkung, so bei den Franzosen Gaston Litaize (Douce pièces), Joseph Bonnet (Variations de concert op. 1) und bei dem Belgier Joseph Jongen (Prière op. 37 Nr.3). Die drei Komponisten sind der französischen Spätromantik verpflichtet. Bei Litaize schimmert jedoch immer wieder Olivier Messiaen heraus. Insgesamt bot Jan Ernst ein Klangpanorama, das von kraftvoll strahlendem Orgelklang über fast impressionistische Farbgebung bis zu geheimnisvoll leisen Stellen reichte, vor allem in Joseph Jongens Werk. Der Schluss des Konzerts war dann doch raumgreifend, nämlichmit den 1906 komponierten Variations de concert von Joseph Bonnet. Dankbar und herzlich war der Applaus des Publikums. Klaus Büstrin

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