Kultur: Die Orte des Gedächtnisses erzählen Geschichten
„Friedhofskultur in Potsdam“ im Museumshaus Elflein-Straße
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„Friedhofskultur in Potsdam“ im Museumshaus Elflein-Straße Von Klaus Büstrin „Die Menschen leben, damit sie wieder sterben und alle sterben, damit sie ewig leben.“ Dieser Spruch steht auf einem barocken Grabstein für Maria Johanna Calefice auf dem Bornstedter Friedhof. Grabinschriften findet man heutzutage sehr spärlich, oftmals wiederholen sie sich. In der Barockzeit und auch noch im 19. Jahrhundert ließ man den Emotionen auch auf den Grabinschriften freien Lauf. Viele historisch wertvolle Grabdenkmäler aus Sandstein, Marmor oder aus Zinkguss, die seit Jahrhunderten durch Witterungen der Zerstörung ausgesetzt sind, werden von der Unteren Denkmalschutzbehörde und verschiedenen Vereinen in Potsdam restauriert. Maria Johanna Calefices Stein gehört gegenwärtig dazu, finanziert vom Verein der Freunde des Bornstedter Friedhofs e.V. In der gestern im Museumshaus Hermann-Elflein-Straße 3 eröffneten Ausstellung „Friedhofskultur in Potsdam“ wird auch auf das Engagement der Bürger in Sachen Friedhöfe hingewiesen. Durch ihre Hilfe materieller und ideeller Art konnte so manches Denkmal vor dem Verfall gerettet werden. Neben dem Bornstedter Friedhofsverein, der gleich nach der Wende ins Leben gerufen wurde, sind Vereine in Klein-Glienicke, in Nattwerder und die John Gersman-Stiftung für den Jüdischen Friedhof aktiv. Auch die Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. beschäftigt sich immer wieder mit der Geschichte Potsdamer Begräbnisplätze. Friedhöfe sind Orte des Gedächtnisses. Ihre Grabsteine zeugen von vergangenen Zeiten und Kulturen, erzählen Geschichten von Leben und Arbeit, von rührend-sentimentalen oder tragischen Begebenheiten. Sie spiegeln ein Stück Heimatgeschichte wider, berichten über den Wandel ästhetischer Gestaltung des Areals und der Grabsteine. „Im traurigen Monat November“, in dem sich die Gedenktage häufen – Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag – berichtet die Ausstellung des Bereichs Untere Denkmalschutzbehörde und des Bereichs Friedhöfe über sehr erfreuliche Ergebnisse bei der Erhaltung und Pflege von Friedhöfen. Neben Stadtkonservator Andreas Kalesse waren auch der Bereichsleiter Friedhöfe, Gunther Butzmann, Studierende der Fachhochschule Potsdam, der Technischen Universität Berlin, die FPK-Ingenieurgesellschaft Berlin sowie der ehmalige Gartendenkmalpfleger Peter Herling an der Konzeption und Gestaltung der Schau beteiligt. Der Studiengang Restaurierung der FH Potsdam unter der Leitung von Prof. Gottfried Hauff beschäftigt sich mit der Konservierung von Grabsteinen. Angewandte Untersuchungsmethoden werden an Beispielen theoretisch und praktisch vorgeführt, auch Methoden der Metallrestaurierung beispielsweise bei der Galvano-Plastik des Segnenden Christus auf dem Alten Friedhof sind Thema. Die FPK-Ingenieurgesellschaft führte Vermessungen der Friedhöfe durch und erstellte auf dieser Grundlage neue Pläne der Anlagen. Zudem wird eine Diplomarbeit vorgestellt, die sich mit der fotogrammetrischen Erfassung der Koch“schen Grabstätte auf dem Neuen Friedhof beschäftigt. Auf dem Museumshof kann man Pflanzen begutachten, die sich für die Grabstätten gut eignen. Potsdam besitzt zwölf kommunale Friedhöfe, darunter auch die sowjetischen auf dem Bassinplatz und an der Michendorfer Chaussee. Wurden in den vergangenen Jahren die 307 Grabsteine auf dem Ehrenfriedhof auf dem Bassinplatz völlig restauriert, so können auf dem Begräbnisplatz in der Michendorfer Chaussee die rund 6000 Grabstätten nur in größeren Abständen erneuert werden. Elf Friedhöfe findet man in der Landeshauptstadt, die unter kirchlicher Obhut stehen. Der Jüdische Friedhof am Pfingstberg ist seit 1991 Restaurierungsprojekt der Denkmalbehörde. Hier finden nach wie vor Beisetzungen statt. Er ist aber für Besucher, die nur über in spazieren gehen wollen, verschlossen, Der jüdische Glauben fordert eine unangetastete Ruhe der Toten. „Kein Opfer darf einer Gemeinde zu groß sein, wenn sie vor der Aufgabe steht, die rechtlichen Grundlagen für ungestörten Besitz des Begräbnisplatzes zu sichern“ schrieb der Rabbiner Gustav Cohn. Friedhofskultur in Potsdam, Ausstellung im Museumshaus Hermann-Elflein-Straße 3, bis 23. November, täglich von 11 bis 17 Uhr, 31. Oktober geschlossen. Der Eintritt ist frei.
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