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Immer der Landschaft zugewandt. Der Künstler Herbert Sanders ließ sich von den zumeist schroffen Landschaften Skandinaviens ebenso beeindrucken wie vom geraden Lauf der Nuthe oder dem festlichen Glanz des Schlosses Blankensee.

© Andreas Klaer

Kultur: Die Zeichen des Lebens

Werke von Herbert Sander aus 20 Schaffensjahren sind ab Sonntag im „Güldenen Arm“ zu sehen

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Herbert Sanders Atelier in Stahnsdorf ist nicht im engen Sinne eine Malerwerkstatt. Gewiss, Staffelei, Farbentisch, Tuben, Pinsel und Bilder sind da. Überall lehnen Bilder. Die besondere Atmosphäre des Raumes schaffen die kleinen, stillen Dinge: Bücher, Kataloge, Keramiken, kleine Skulpturen aus verschiedenen Materialien, Fundstücke wie Steine, deren Maserungen wie Landschaften sind, oder Muscheln, die von uralter Zeit berichten könnten. Sie wurden gesammelt und zusammengetragen mit dem offenen Blick des Künstlers, dem die Zeichen des Lebens wertvoll sind, der sie ihrer Vielfalt reflektiert in seinen Bildern. Schon immer hat der Künstler, der vor 75 Jahren in Nordhausen geboren wurde und seit 1965 freischaffend als Maler und Grafiker tätig ist, sich der Landschaft, die ihn umgibt, zugewandt. In Gemälden, Aquarellen oder Druckgrafiken. Bekannt wurde Herbert Sander auch als Gestalter von Ausstellungen und Plakaten der Stiftung Preußische Schlösser Berlin-Brandenburg. So manches Poster ist heute bereits ein begehrtes Sammlungsstück.

Ab Sonntag ist im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ eine Ausstellung mit Werken von Sander zu sehen. Sie wird sich retrospektiv mit gut 20 Schaffensjahren beschäftigen. Sanders reiche Gestaltungserfahrungen in Sachen Ausstellung macht sich natürlich bemerkbar. Er hat einige Wochen zuvor anhand eines kleinen Modells getüftelt, welches Bild wo hängen könnte. Er weiß, dass Bilder im Atelier anders aussehen als in einer Kunstgalerie. Am gestrigen Mittwoch wurde noch einmal ausgelotet, welcher Raum für dieses oder jenes Bild angemessen sein könnte. Eine Nacht muss noch verstreichen, ehe die Ausstellung endgültig hängt und die Arbeiten zur Ruhe kommen können.

Im ersten Raum hat man einen Blick über die Glienicker Brücke in Richtung Berlin. Herbert Sander wandte sich dem Park und seinen Schinkel-Bauten in Glienicke zu. In den von ihm gewählten locker angelegten Durchblicken und Draufblicken zu den Schlossensembles dominiert der Eindruck des Stimmungshaften. Gegenüber den lichten Parklandschaften hängen Berliner Stadtwinkel. Des Künstlers Blick über die Dächer der Häuser zu einem neugotischen Kirchturm ist darauf gerichtet, klar abgrenzbare Flächen zu entdecken und sie, im Innern fein nuanciert, zu einem harmonischen Gefüge zusammenzubauen. Nichts Überflüssiges entdeckt man, sondern das Fluidum einer herben Poesie. Über dem Kamin hat ein Aquarell mit dunkelblauem Rittersporn Platz gefunden, dessen Farbkultur, dessen Glanz sich im ganzen Raum entfalten.

Der Besucher wird in den Norden Europas geführt, nach Norwegen. Herbert Sander weilte im skandinavischen Land Anfang der Neunzigerjahre. Beeindruckt von den zumeist schroffen Landschaften der Gebirge und Fjorde malte er Aquarelle von expressiver Dynamik mit verschiedenen Farbvarianten. Und immer wieder gibt es Bilder, die die Umgebung Potsdams und Berlins beleuchten: den geraden Lauf der Nuthe oder den festlichen Glanz des Schlosses Blankensee. Auch die weiten märkischen Felder, die in voller gelber Blüte stehen oder solche, die verraten, dass der Herbst schon über ihn hinweggegangen ist, sind Motive des Malers. Besonders in diesen Darstellungen verzichtete Sander auf den Anspruch, Endgültiges über die Landschaft sagen zu wollen. Er begnügt sich mit der Annäherung, die der unablässigen Wandelbarkeit des Anblicks Rechnung trägt.

Spuren zu jüdischen Friedhöfen hat der Künstler schon vor der politischen Wende 1989 verfolgt. Im ganzen Land Brandenburg besuchte er die Gedenk- und Erinnerungsorte, die teilweise als Friedhof nicht mehr zu erkennen waren. Die braune Diktaur hat sie zerstört, die DDR verwahrlosen lassen. Nur manchmal war hier und dort ein Stein zu entdecken, der davon berichtete, dass sich hier ein „Haus der Ewigkeit“ befand. Herbert Sander hat die Grabsteine mit den deutschen und hebräischen Inschriften dokumentiert. Es entstanden Fotografien, Zeichnungen, Aquarelle, er schrieb Tagebücher. Diese so wichtige Spurensuche konnte man bereits in den Neunzigerjahren in Ausstellungen und in einem Katalog mitverfolgen, voller Bewegung. Sie rührt an tiefere Schichten. Im Museumshaus zeigt Herbert Sander einige Bilder seiner jüdischen Grabsteine, die er mit verschiedenen Techniken bedachte, als Frottage, Collage oder Aquarell. Nicht nur ein Wohlfühlschlendern durch die Ausstellung ist angesagt, sondern auch ein Nachdenken, ein stilles Gedenken.

Die Ausstellung im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in der Hermann-Elflein-Straße 3 ist ab Sonntag bis zum 2. Februar, mittwochs bis sonntags, 12-18 Uhr geöffnet

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