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Die naturkundliche Sammlung des Potsdam-Mueseums musste nach 1945 wieder neu aufgebaut werden. Auch Erdmann Grieps Käfersammlung gehört zu den Museumserwerbungen.

© Andreas Klaer

Von Klaus Büstrin: Ein Bodenständiger

100 Jahre Museum in Potsdam / Heute: Eugen Huguenel, Apotheker und Paläontologe

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Am 20. April feiern das Potsdam-Museum sowie das Naturkundemuseum ihr 100. Jubiläum. Potsdamer Bürger gründeten 2009 einen Museumsverein. Ihre Geschichtskenntnisse und Sammelleidenschaften bildeten die Grundlage für ein städtisches Museum. In einer losen Folge würdigen die PNN Gründungsmitglieder des Vereins, Sammler und ehemalige Mitarbeiter des Museums. Heute: Eugen Huguenel.

Zuerst kamen Insekten ins Alte Rathaus. Jeder, der Interesse hatte, sollte sie sehen. Major Koch, der bereits außer Dienst war, stellte seine Sammlung mit heimischen Insekten dem gerade eröffneten Städtischen Museum zur Verfügung. In der ersten Etage des Rathauses wurden ab Ende 1909 dem Museumsverein vier Räume leer geräumt, damit er darin seine naturgeschichtlichen Themen behandeln konnte. Neben Koch waren unter anderen der Oberlehrer Baes sowie der Apotheker Huguenel fleißig dabei, umfangreiche Sammlungen zusammenzutragen. Vieles haben sie dem städtischen Museum geschenkt: Schmetterlings- und Käfersammlungen, Gesteins- und Mineraliensammlungen, seltene „ausgestopfte“ Tiere oder verschiedene Holzarten. Ab 1910 wurden sie dem Museumspublikum im ersten Stockwerk des Hauses Brauerstraße 8 präsentiert. Im Jahre 1931 zog man in das nahe gelegene Stadtschloss. Dort standen den naturkundlichen Sammlungen vier Räume zur Verfügung. Leider gingen diese durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges verloren. Somit war nach 1945 auch in dieser Hinsicht ein Neuanfang unerlässlich.

Einer der wichtigen Gründer des Museumsvereins war der Potsdamer Apotheker Eugen Huguenel (1838-1936), dessen Name heute fast vergessen ist. Auch ein Porträt von ihm scheint nicht überliefert zu sein. Als er 99-jährig starb, schrieb die „Potsdamer Tageszeitung“, dass Potsdam nicht nur „seinen ältesten, sondern auch einen seiner besten und nicht allzu dicht gesäten verdienten und wirklich bodenständigen Bürger“ verlor.  In der Residenzstadt nannte man ihn liebevoll „Onkel Huguenel“. In einem Vortrag, den er 1917 als Mitglied des Vereins für die Geschichte Potsdams hielt, sagte er: „Schon aus meinem Namen ist zu ersehen, dass ich Nachkomme der Hugenotten bin.“ Sein Vater war Louis Auguste Huguenel, der in der Humboldtstraße – sie führte parallel an der Alten Fahrt entlang – eine gut gehende Lederfabrik besaß. Im Jahre 1809 wurde er in die erste Stadtverordnetenversammlung der Residenzstadt Potsdam gewählt.

Eugen erlernte in der Potsdamer Hirsch-Apotheke den Beruf eines Apothekers, den er dann zunächst in Berlin ausführte. Dort lernte er auch Theodor Fontane kennen, mit dem er zusammen an so manchem Sonntag große Spaziergänge unternahm und der ihn für die Geschichte und Natur der Mark Brandenburg begeisterte. Nach seinen Wanderjahren – wie lange ist unbekannt – kehrte er nach Potsdam zurück. Doch war er nur noch gelegentlich als Apotheker tätig. Die gute finanzielle Grundlage, die ihm sein Vater schuf, machte ihn frei, nur seinen wissenschaftlichen Neigungen nachzugehen. Die Optik, die Fotografie sowie die Astronomie wurden sein besonderes Steckenpferd. Dann kamen auch weite Reisen durch Europa und Wanderungen durch die nähere Umgebung hinzu. Auf ihnen hat er sich besonders für Paläontologie (Versteinerungen) interessiert. Eine große Sammlung hat Huguenel zusammengetragen und sie dem Museum übergeben. „Er wurde dessen Vorkämpfer und legte den Grundstock zu der Stein- und Paläontologischen Sammlung“, heißt es in einer Würdigung. „Er verfolgte mit lebhaftem Interesse die vorgeschichtlichen Ausgrabungen des Potsdamer Museums z.B. an der Heiligengeistkirche, auf dem Töplitzer Werder und bei Phöben. Nach Baumgartenbrück, wo ihn mancher Fund gelungen war, radelte er noch oft in hohem Alter mit seltener Rüstigkeit.“ Der Potsdamer übergab auch dem Märkischen Museum in Berlin einige Fundstücke .

Eugen Huguenel griff auch immer wieder gern zur Feder. Er schrieb heimatgeschichtliche Texte für die „Potsdamer Tageszeitung“ und für die Mitteilungen des Geschichts-Vereins, dessen Ehrenmitglied er war. In seinen „Jugenderinnerungen eines nahezu achtzigjährigen Potsdamer Bürgers“ berichtete der Autor im April 1917 über viele interessante Details der Potsdamer Stadtgeschichte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zawnzig Jahre später wurden sie veröffentlicht.

Huguenel scheint jedoch kein Mitglied des Entomologischen Vereins in Potsdam, der 1886 geründet wurde, gewesen zu sein. Seine Mitglieder haben viel für die Sammlung der naturkundlichen Abteilung des Museums beigetragen. Das Potsdam-Museum konnte nach 1945 noch erhalten gebliebene Sammlungen von Mitgliedern des Vereins, darunter eine bedeutende Käfersammlung des letzten Schriftführers Erdmann Griep, erwerben. Heute gehört sie zu den Kostbarkeiten des Naturkundemuseums in der Breiten Straße.

Das letzte „Lebenszeichen“ des Vereins ist ein Eintrag im Kassenbuch vom 21. Januar 1945. Der größte Teil des Verereinsbesitzes wie Bücher, faunistische Karteien, Kataloge und Verzeichnisse – sie lagerten in der Kuppel des Alten Rathauses – wurden beim Bombenangriff auf Potsdam im April 1945 Opfer der Flammen.

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