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Kultur: Eine Kusshand für Hilde

Das Filmmuseum erinnert an den 80. der Knef

Stand:

Für ihn ist sie nicht „Die Knef“, sondern einfach nur „Hilde“: „die unprätentiöseste Frau, die ich kenne.“ Er sieht sich noch auf allen Vieren mit ihr gemeinsam durch die Zimmer rutschen, als sie eines nachts mal wieder nicht schlafen konnten und die Zigaretten ausgegangen waren. „Wir hofften einfach, dass sich noch irgendwo eine verkrochen haben könnte.“ Und siehe da, sie wurden fündig. Die runtergerollte „Rettung in der Not“ drehten sie mit Restern halb gerauchter Glimmstängel aus dem Aschenbecher zu neuen Kippen. „Nach zwei Stunden war alles aufgeraucht und wir gingen zu Bett. Am nächsten Morgen kam Hilde in die Küche und grollte: ,Ich bringe ihn um’.“ Sie hatte bei Paul von Schell, ihrem Mann, noch im Jackett eine volle Packung gefunden.

Es gibt einige solcher Geschichten, die der Regisseur und Knef-Biograf Axel Andree zum Besten geben kann. Schließlich lebte der langjährige Freund viele Jahre unter einem Dach mit Hildegard Knef – in getrennter Wohnung.

Am Donnerstag ist er im Filmmuseum zu Gast und wirft zum 80. Geburtstag dem großen Leinwandstar eine „Kusshand“ rüber. „In Potsdam gab es 1996 ja die schöne große Hilde-Ausstellung. Zum ersten Mal wurde dabei einer Lebenden gedacht.“ Jetzt ist nur eine Mini-Schau mit ein paar Bühnenkleidern, Hüten und Büchern geplant: „denn wir wollen ja nicht in Konkurrenz zu der großen Ausstellung des Berliner Filmmuseums, ihrem Nachlass-Verwalter, treten.“

Dafür darf man in Potsdam auf cineastische Raritäten gespannt sein. In „Schauspielschule“ (1944), einem halbstündigen UfA-Ausbildungsfilm kämpft die Knef mit harten Bandagen, um eine begehrte Rolle zu bekommen. „In diesem kleinen Streifen erkennt man sie fast nicht wieder: eine blutjunge Frau mit noch mädchenhaft-heller Stimme.“ In dem TV-Spiel „Mrs. Dally“ (1965) legt sie sich den jungen Volker Lechtenbrink als Liebhaber zu, um der hausfraulichen Tristes und dem schalen Leben mit ihrem taxifahrenden Ehemann Günter Pfitzmann zu entkommen: Ebenfalls eine selten gezeigte Arbeiten, die zu den Raritäten des Knefschen uvre zählen.

Auch Axel Andree tritt in Bühnen-Erscheinung. Er liest aus dem unveröffentlichten Manuskript zu seiner dritten Knef-Biografie, die die gemeinsamen Jahre in Hollywood beleuchtet.

1982 zog Hildegard Knef mit Mann und Tochter nach Los Angeles: hoch auf einem Berg, für sieben Jahre. „Ich bin noch bis 1995 geblieben, aber wir haben ständig telefoniert.“ So natürlich auch, als seine Wohnung mit allem Hab und Gut innerhalb von 17 Minuten bei einem Waldbrand in Flammen aufging. „Hilde sagte nur: ,Kommst du jetzt endlich nach Deutschland? Wie viel Zeichen brauchst du noch?’“ Andree blieb, fing wieder bei Null an. „Hilde hatte mich zum Malen gebracht, mein verschüttetes Talent gehoben. So machte ich eine Galerie auf mit Bildern, die das brennende Malibu spiegelten. Es lief sehr gut, und ich konnte davon leben. Aber L.A. wurde immer gefährlicher, schwarze Gangs kamen bis in die weißen Wohngebiete, und so trauten sich viele abends nicht mehr raus. Irgendwann stimmte auch das Galeriekonzept nicht mehr und ich ging zurück nach Deutschland.“ In Berlin wohnte er bald wieder unter einem Dach mit der langjährigen Freundin – der er 1979 nachts um 3 Uhr erstmals begegnete. „Bereits um 3.18 Uhr dachten wir, dass wir schon seit hundert Jahren befreundet sind.“

Auch nach ihrem Tod vor drei Jahren ist sie in seinem Kopf, in seinem Herzen. „Ich sehe Hilde in meinem Zimmer sitzen und wenn ich frage: ,Was hältst du davon?’ höre ich ihre lakonische, schnoddrige Antwort: ,Nee, nee. Ruhig, ganz ruhig.’ Sie war meist eine gute Beraterin, im Alter lebensklug und weise. Sie hatte Glück, ein paar gute Freunde zu haben, weil sie selbst ein guter Freund war. Aber wie das so ist mit den Ratschlägen: Für sich selbst kann man sie nicht immer umsetzen.“ Trotz Krankheit ließ sie auch erst spät von der Zigarette. Zu spät: „Hilde starb in Folge ihres Kettenrauchens an einem Lungenemphysem.“

Ihr Freund Axel Andree ist inzwischen militanter Nichtraucher.

Zum Abend ins Filmmuseum kommt nun Hildes „verstoßene Zwillingsschwester“ Irmgard – mit ihrem „Alter Ego“ Ulrich Michael Heissig. „Er singt ihre Lieder ganz phantastisch, mit dem gleichen Feeling für Swing in der Musik.“ Und vielleicht auch etwas knarzig. Heidi Jäger

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