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Kultur: Erste Übungen

Potsdamer Nachwuchsfilm im Berlinale-Programm deutsches Kino

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Potsdamer Nachwuchsfilm im Berlinale-Programm deutsches Kino „Perspektive deutsches Kino“? Nach Karmakars Durchfall bei Publikum und Filmpresse war diese Perspektive schon in weite Ferne gerückt. In der gleichnamigen Programm-Reihe der Berlinale am Freitagnachmittag für drei deutsche Kurzfilme – einer davon von der Potsdamer Filmhochschule HFF – Karten zu bekommen, schien daher kaum ein größeres Problem. Doch als hätte man schon vom letztlichen Happy Ende für den deutschen Film, durch den Goldenen Bären für den deutsch-türkischen Film „Gegen die Wand“ von Fatih-Akin, gewusst, so war die 16-Uhr-Vorstellung restlos ausverkauft. Man überbrückt also die Wartezeit auf die 20-Uhr-Vorstellung in einer spärlich besuchten Pressevorführung eines ganz netten Taiwan-Films mit allerlei Beziehungsproblemen, der sogar im Wettbewerb lief, um später dann, unter erhöhtem Einsatz von Taktik und Schläue doch noch eine Restkarte zu ergattern. So groß also das Interesse am deutschen Filmnachwuchs. Das Kino brechend voll; zu amerikanisch, indisch, französisch und bayrisch sprechenden Jungfilmern gesellt sich ein mit Bierflaschen bewaffnetes Freitagabend-Publikum. Hauptsache dabei gewesen. Der Potsdamer Streifen startet zuletzt. Der Filmblock beginnt, wie sollte es auch anders sein, mit zwei adoleszenzlastigen Filmen; beide von der Münchner HFF. Solche Filme lässt man heute gerne zur Musik der Band Zweiraumwohnung im trostlosen Plattenbauviertel von Jena spielen. Ein hübscher Film ist „Blind“ von Saskia Jell eigentlich, nur hat man diese Er-liebt-mich-liebt mich-nicht-Geschichten mit überraschendem Ausgang zu oft schon auf Studentenfestivals gesehen. „Leise Krieger“ von Alexander Dierbach zeigt da schon bedrohlichere Untiefen. Ein junger Mann stellt sich dem blinden Fleck in seiner Kindheit, dem sexuellen Missbrauch durch den Vater. Doch auch hier wurde weder formal noch erzählerisch etwas Neues gewagt. „Transport“ von dem Potsdamer Filmstudent Silvio Helbig hebt sich schließlich wenigstens durch das Sujet ab. Eine düstere Zukunftsvision. In einer verfallenen Endzeit-Welt zwischen „1984“ und „Brazil“ haben die Menschen sich mit unsinnigen Sisyphus-Arbeiten zu beschäftigen. Um der Karriere willen wird einer der Uniformierten, die Transport-Züge durch ein unterirdisches System leiten, zum Schreibtischtäter. Am Ende hat niemand etwas davon, und die traurigen Gestalten träumen weiter von einer anderen Welt, die es da irgendwo geben soll. Erwähnenswert die akribisch-ausgefeilte Ausstattung des Films, auch in der Regie eine klare Hand, die Spannung evoziert. Doch am Ende bleibt auch dieser 30-Minüter nur eine erste Übung für den Langfilm. Jan Kixmüller

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