In seinem Kapitel über Sanssouci zitiert Gerhard Joop in dem von ihm mit herausgegebenem Buch „Schlösser in Europa“ (Karl Müller Verlag Erlangen) mitten im furchtbarsten Kriegsgeschehen Friedrich dem Großen seinem Vorleser de Catt sagen: „Nach Potsdam, nach Potsdam – das brauche ich, um wieder froh zu werden.“
Für Gerhard Joop war Potsdam einer der wichtigsten Orte seines Lebens. Mit vier Jahren kam er aus Konitz, das im heutigen Polen liegt, mit seinen Eltern nach Bornim. Dort besuchte er zunächst die Volksschule, dann das Gymnasium in der heutigen Heinrich-Mann-Allee in Potsdam. Die musischen Fächer waren seine Stärke, besonders die Literatur. Nach der Reifeprüfung ging er in die Buchhändlerlehre im renommierten Potsdamer Verlag von Ludwig Voggenreiter. Als frisch gebackener Buchhändler bekam er dann eine Stelle beim Braunschweiger Westermann Verlag, der auch in Berlin eine Filiale besaß – ein Unternehmen, das ihn nach dem Zweiten Weltkrieg dann viele Jahre seines Lebens begleiten sollte.
Doch seine Arbeit musste er 1935 unterbrechen. Er wurde zur Wehrmacht eingezogen. Aber das Ausüben des Soldatenhandwerks hatte für ihn bald ein Ende, weil er wegen einer Krankheit aus dem Militärdienst ausscheiden konnte. Gern hätte er sogleich bei den seit 1858 erschienenen Westermanns Monatsheften als Journalist angefangen. Doch es wurde der Nachweis verlangt, dass er vorher bei der Tagespresse tätig war. So ging er als Kulturredakteur nach Mühlhausen und anschließend nach Posen.
Nach Potsdam führte Gerhard Joops Weg regelmäßig. Dort lebte Charlotte Ebert, eine der drei Schwestern der bekannten Bornstedter Bauernfamilie, die er liebte und 1942 heiratete. Zwei Jahre später wurde Sohn Wolfgang geboren. „Ende des Zweiten Weltkrieges sollte ich mit dem Volkssturm das längst verlorene Deutschland retten. Es war zutiefst traurig anzusehen, wie alte und behinderte Männer sowie Jugendliche, die fast noch Kinder waren, gegen die Alliierten kämpfen sollten“, erzählte Gerhard Joop vor einigen Jahren. Beim Volkssturm geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach Potsdam zurückgekehrt, wurde er sogleich von der Volkspolizei inhaftiert und ins Gefängnis in die Lindenstraße gebracht. Ihm wurde Spionage für die Amerikaner vorgeworfen. Man brachte ihn in die Arbeitslager nach Jamlitz und Buchenwald, die schon von den Nazis als Konzentrationslager genutzt wurden. 1950 wurde er vor Gericht gestellt, ohne Verteidiger, und zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Waldheimer Gefängnis erreichte ihn 1952 schließlich die Begnadigung – anlässlich des dritten Jahrestages der DDR. Nach der Entlassung machte er sich in Richtung Westen auf, nach Braunschweig. Beim Westermann Verlag fand er wieder Arbeit. Er wurde zunächst Redakteur, später Chefredakteur der Monatshefte. Unter seiner Ägide entwickelten sich die Blätter zu den wichtigsten Zeitschriften für Kultur, Kunst und Wissenschaft der Bundesrepublik. 1954 kamen Charlotte und Wolfgang Joop nach Braunschweig nach, um ein gemeinsames Familienleben zu führen. Wolfgang wurde schließlich einer der berühmtesten Modedesigner überhaupt. 1979 verließ Gerhard Joop dann aus Altersgründen den Verlag.
1995 – nach der Wende – zogen Charlotte und Gerhard Joop wieder nach Potsdam. Zwar ließen sie über die Jahrzehnte hinweg Potsdam nie aus den Augen, doch erst nach der Wende war es möglich, dass die Familie ganz in „ihre“ Stadt zurückkehrte. Schon bald waren die Joops für voll Potsdam da und engagierten sich zunehmend. Gerhard Joop beispielsweise für die Belange des Humboldt-Gymnasiums, der Stadt- und Landesbibliothek und für den Wiederaufbau der Garnisonkirche.
Gerhard Joop bewahrte sich stets eine Mischung aus Gesprächslust, gedanklicher Treue und Charme. Dies machte ihn so liebenswert. Sein Wissen in Sachen Kunst, Literatur, Musik und Politik war immens. Zudem vermochte er seinem Ernst die Aura des Freundschaftlichen und Freundlichen zu geben. Und er fühlte sich nie als etwas Besonderes. Aber jeder wusste, dass er es war. In der Nacht zum vergangenen Sonntag ist Gerhard Joop kurz vor seinem 93. Geburtstag verstorben. Klaus Büstrin
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