zum Hauptinhalt

Kultur: Gemeinsam allein

20 Tänzer treffen sich bei den Arbeitswochen Choreografie in der fabrik: am Samstag stellen sie sich vor

Stand:

Teresa ist Minimalistin. Sie braucht weder Musik, noch Kostüme und auch kein einschmeichelndes Licht, um ihren Körper auf der Bühne zu präsentieren. Die spanische Tänzerin mag es pur. Kim, die Französin, ist genau das Gegenteil: Wenn sie auf der Bühne steht, ist das harte Arbeit und immer auch eine Korrespondenz mit anderen Medien, mit Musik, Video oder Installation. Genau dieses Andere führte beide zusammen. Seit gut zwei Wochen teilen sie sich bei den Arbeitswochen Choreografie der fabrik das Studio. Sie erarbeiten kein Duett, aber spüren in zwei Soli einander nach. Das Miteinander ist das Ziel. Um ein fertiges Stück geht es dabei nicht.

„Sich zwei Wochen individuell auszuprobieren und dabei mit anderen in den Austausch treten zu können, ist wohl einmalig in der Tanzszene“, sagt Laurent Dubost, Marketing-Chef der fabrik. Die Arbeitswochen seien der jährliche Höhepunkt vom Tanzplan Potsdam, dem Artists-in-Residence-Programm. In diesem Jahr sind 20 Tänzer und Choreografen aus Deutschland, Frankreich, Kroatien, Österreich, Spanien und Tschechien an die Havel gereist, um sich gegenseitig zu inspirieren. Die Residenzen gibt es das ganze Jahr über, aber nur im Sommer, wenn keine Kurse stattfinden, hat die fabrik ausreichend Platz, mehrere Companien und Tänzer auf einmal einzuladen. „Die Choreografen arbeiten oft allein, haben wenig Unterstützung, wenn sie neue Stücke kreieren. Mitunter kommen sie an einen Punkt, wo sie nicht mehr weiter wissen. Bei uns schauen sie sich gegenseitig bei der Arbeit zu, geben sich Ratschläge und erhalten selbst ein Feedback“, so Laurent Dubost.

Das Resultat stellen die Sommergäste am Samstag um 18 Uhr vor. Während der Franzose Frederic Gies mit seiner Gruppe ein fast fertiges Stück zeigen wird, stellen Teresa Acevedo und Kim-Lien Desault ihr fragmentarisches Intermezzo vor.

Sie arbeiten bereits in der dritten Residence zusammen und kommen sich immer weiter auf die Spur. „Vorher war es sehr offene Körperarbeit, jetzt in Potsdam komponieren wir bereits etwas Gemeinsames, improvisieren und reagieren aufeinander“, sagt Kim. Sie hatte vor etwa zwei Jahren in Madrid ein Solo entwickelt, das Teresa gesehen hatte. Daraufhin zeigte Teresa Kim ein Video ihrer Arbeit. „Trotz der Gegensätzlichkeit des Tanzes spürten wir, dass uns ähnliche Fragestellungen bewegen.“ Dabei schauen die Frauen auf sehr verschiedene Biografien zurück. Teresa war 16, als sie den Tanz für sich entdeckte. Zwar hatte sie sich schon ein wenig im Ballett ausprobiert, aber erst ein Kurs im modernen Tanz schlug bei ihr ein wie der Blitz. Sie absolvierte eine akademische Tanzausbildung und arbeitete in verschiedenen Companien Spaniens. Es folgte ein Studium in Brüssel und schließlich stand sie allein auf der Bühne. „Ich probierte alles von überflüssigen Zutaten zu ,reinigen“, zu puren Formen zu kommen.“

Kim studierte indes sechs Jahre Jura, um zu erkennen, dass sie nie als Anwältin arbeiten möchte. Stattdessen liebäugelte sie mit der Kultur und wollte sich dort organisatorisch einbringen. Ein Praktikum in einem Tanztheater von New York änderte alles. „Dort machte ich vormittags immer das Tanztraining mit und man sagte mir, dass ich ein großes Potential habe. Das Organisieren war indes überhaupt nicht meine Stärke“, sagt sie lachend. Zielgerichtet belegte sie fortan Tanz-Workshops und suchte sich interessante Lehrer. Vor sieben Jahren begann die heute 33-Jährige schließlich in Gruppen mitzutanzen und seit zwei Jahren steht auch sie in Soli auf der Bühne.

Für beide Frauen sind Netzwerke über die Ländergrenzen hinweg das Wichtigste. Sie wollen nicht mehr in festen Companien arbeiten, sondern immer neue Kooperationen eingehen, sich neu erfinden. So wie jetzt in Potsdam. „Wir haben in die verschiedensten Richtungen geschaut und bis Samstag werden wir präzisieren, was die Arbeit zu Zweit möglich macht.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })