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Kultur: „Gib mir meine Farben wieder“

Bettina Meyers Bilder und Illustrationen zu Liedern von Cathrin Bleyl im Lapiz Lazuli

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„Gib mir meine Farben wieder, dass ich mich verwandeln kann.“ Diese Textzeile von Cathrin Bleyl aus ihrem Lied „Farben“ könnte auch über die jetzige Lebenssituation von Bettina Meyer stehen. Die Malerin sitzt im Lapis Lazuli und schaut auf ihre Bilder. „Ich bin gern hier“, sagt sie, schlürft an ihrem Grünen Tee und wirkt doch bedrückt. Sie freut sich natürlich, ihre Arbeiten hier ausstellen zu können. „Ich stehe ganz fest dahinter.“ Aber eigentlich sind sie für ein Buch gemacht: als Illustration zu den Liedtexten von Cathrin Bleyl, der Sängerin der Potsdamer Band Aoxomoxoa. Ein Vorhaben, das – ohne Verlag – auf Eis liegt.

Nun hängen die Collagen sowie die farbkräftigen, in Mischtechnik gemalten Bilder pur – ohne den Beistand der Worte – an den Wänden. Der gemütliche Gaststätten-Raum gibt für Kunst nicht mehr her. Aber Bettina Meyer versteht ihre Werke ohnehin nicht als Bebilderung oder Sinnübertragung. „Ich ließ die Texte mehr oder weniger intensiv auf mich wirken und habe meine Bilder daneben gestellt. Inspiration und Emotionalität spielten eine große Rolle.“ Gerade bei den Collagen habe sie es fließen und sprudeln lassen. „Das Zeichnen war wie eine Lust, ich spielte mit meinen technischen Möglichkeiten, ließ den Kopf außen vor.“ Sie griff zu Feder und Acrylfarben, bediente sich bei alten Zeitungen, um Passendes herauszureißen. ging den Weg poetischer Leichtfüßigkeit. In ihrer Malerei zeigt sich die Künstlerin indes sehr farbig und expressiv. „Das hat etwas mit meiner Lebensbejahung zu tun und mit meiner Zuversicht – obwohl sich oft Unsicherheit breit macht, vor allem durch den Druck des Geldverdienens.“ Ihre Farbexplosionen haben es im Lapis Lazuli recht schwer zu atmen, sie hängen dicht gedrängt über der Eingangstür – man kann nur erahnen, wie sie sich in aufgelockerter Buchform entfalten würden.

Durch ihre drei Kinder musste Bettina Meyer den künstlerischen Fluss immer wieder unterbrechen, konnte nicht viel unterwegs sein, sich nicht in Workshops profilieren.

Ihr Arbeitsleben begann indes ganz handfest: als Tischlerin am Staatstheater Dresden, in ihrer Heimatstadt. Dann kam der Sohn und die Mütterzeit. „Danach wollten sie mich nicht wieder einstellen, bevorzugten einen Mann.“ Eine Überleitung als Sekretärin oder Telefonistin lehnte sie ab. Stattdessen richtete sie sich eine Werkstatt für Holzspielzeug ein. Während einer ABM entwarf sie im Frauenzentrum einen Spielgarten, gestaltete ein Café. 1993 verließ sie die Elbestadt und zog zu ihrem Mann an die Havel. Über den Kunstverein Strodehne hatte sie ihre Fühler in die Mark bereits ausgestreckt. Sie stellte im Waschhaus aus, bekam ein sechswöchiges Stipendium an der Kunstfabrik. Ein guter Start, der sie ermunterte, im Kutschstall ein Atelier einzurichten.

Doch das Dasein als Freiberuflerin erwies sich als schwierig. Sie musste ihr Atelier wieder kündigen. Eine ABM im Waschhaus, wo sie erneut einen Spielplatz entwarf und als Bauleiterin das Entstehen überwachte, erwiesen sich als kurzzeitiger Lichtblick. „Die ABM-Geschichten waren toll, aber man baut etwas auf, dann bricht es wieder ein.“ Also versuchte sie eine neue Richtung, machte ein Weiterbildungsstudium an der HdK Berlin als Kulturpädagogin. „Ich arbeitete nebenher als Kursleiterin an der Kreativwerkstatt Potsdam-West und in Bollmannsruh, baute Drachen und Seezeichen mit Kindern, Jugendlichen und Senioren, was mich sehr bereicherte. Nur das selbstständige Arbeiten blieb dabei ziemlich auf der Strecke.“ Mit 32 Jahren stürzte sie sich noch einmal ins Studieren: acht Jahre lang – ihre zwei jüngsten Kinder sorgten für turbulente Auszeiten. Im vergangenen Jahr hielt sie dann endlich das Diplom der Fachhochschule Potsdam für Kommunikationsdesign in den Händen – ihre Abschlussarbeit schmort indes in der Schublade. „Ich illustrierte die Erzählung ,Matschka“ von Christa Kozik. Einen Verlag fanden wir für dieses Kinderbuch bislang nicht.“

Bettina Meyer ist voller Tatendrang, möchte malen, illustrieren, Holz gestalten. „Aber bis heute ist das Geld meine große Arbeitsbremse. Zudem fehlt es mir an Kontakten und Aufträgen. Natürlich frage ich mich auch, bin ich gut genug oder muss ich die Kunst hinschmeißen. Im Moment bin ich gerade sehr am Zweifeln.“

Einen kleinen Lichtblick gab es indes auf der Art Brandenburg. Dort kam die Kunstschule Potsdam auf sie zu und bot ihr einen Kinderkurs an der Fröbelschule an: „für zwei Stunden die Woche.“ Auch zwei Ausstellungen hat sie inzwischen gestemmt: ihr erstes „Jargendal“ im Märkischen Gildehaus Caputh und ein zweites an der Fachhochschule Wildau. „Jargendal ist ein erfundenes, imaginäres Wort. Es steht für meinen Kunst-Raum, in dem ich mich bewege“: für die Poesie eines Wortes, das sie aufgehoben hat.

Im Moment fehlt es ihrem Jargendal an Leichtigkeit, mit der es sich unbeschwert auf neue Ufer zusteuern lässt. „Gib mir meine Träume wieder“, heißt es im „Farbenlied“ von Cathrin Bleyl. Und Träume sollten gerade in Jargendal nicht versiegen. Heidi Jäger

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