Kultur: Harmonie statt Aggressionen
Am 26. September findet das Finale des Saturday fight Club im Lindenpark statt / Mit dabei die Gruppe Dawnrise
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Am 26. September findet das Finale des Saturday fight Club im Lindenpark statt / Mit dabei die Gruppe Dawnrise In den vergangenen Monaten traten beim Newcomercontest Saturday Fight Club junge Potsdamer Bands im Waldschloss gegeneinander an. Das Publikum entschied darüber, wer von ihnen den Endausscheid erreichte. Für das am 26. September stattfindende Finale im Lindenpark haben sich die Bands Sage, badPGvoc, Strange Stuff und Dawnrise qualifiziert. Dem Gewinner winkt eine professionelle Studioaufnahme für eine Promo-CD sowie die automatische Teilnahme am Finale des Landesrockwettbewerbs Brandenburg. PNN stellen die vier Anwärter vor. Heute: Dawnrise. Von Heidi Jäger Eines steht fest: Die vier Jungs sind sympathisch. Das besagt zwar noch nichts über ihre Musik, aber auch da gibt es keine Barrieren. Falls man die Harmonie mehr mag als das Chaos. „Wir spielen keinen Hardrock und auch kein Heavy Metal“, ist ihr unumstößliches Prinzip, auch wenn sie damit vielleicht auf einen Teil des Potsdamer Publikums verzichten müssen. „Auch wir wollen kräftige Musik machen, aber keineswegs aggressive.“ Wie in den Rhythmen zeigen sie sich auch in ihren Texten eher versöhnlich, setzen auf Hoffnung statt auf Resignation. „Wir stellen Fragen, wie man bestimmte Sachen verbessern kann und glauben auch an Wunder. Man muss sie bloß sehen wollen.“ Drei der vier Bandmitglieder sind Brüder und trotz familiärer Verbandelung stimmt nicht nur musikalisch die Chemie, wie sie überzeugend betonen. Jason (17), Jesse (21) und Jonny (22) sind drei von insgesamt elf Geschwistern, deren musikalische Vergangenheit der von den Kellys durchaus ähnelt. Auch sie traten in Großfamilie auf, sangen – begleitet von der Gitarre spielenden Mutter – auf der Straße oder in Cafés, um das Taschengeld aufzubessern. Jonny war bei seinem ersten Auftritt als „Sänger“ gerade mal drei Jahre alt und mit fünf begann er Gitarre zu spielen. „Immer nur aus Lust, nie mit Zwang oder schulischem Druck. Wir lebten in einem Wohnwagen und waren familiär sehr gebunden. Unsere Eltern zogen als Missionare mit uns durch die Welt.“ Sie reisten von Indien nach Südafrika, von Polen in die Schweiz, um humanitäre Hilfe zu organisieren. Vor sieben Jahren kamen sie nach Potsdam und sind seitdem sesshaft. „Potsdam, kann man nur lieb haben, es ist eine sehr lockere Stadt“, sind sich die Brüder mit deutschem Vater und englischer Mutter einig. Ihre Bandgeschichte begann vor gut zwei Jahren. Damals lernten die Drei Stephen kennen, einen „richtigen“ Engländer, der in Manchester Deutsch studierte und ein einjähriges Praktikum in Potsdam absolvierte. „Anfangs nannten wir uns ,Sleeveless“ und unsere Auftritte waren eher improvisiert. Sie ähnelten mehr einer Probe als einem Konzert.“ Dennoch spielten sie im Casino und im Lindenpark oder bei familiären Hoffesten. Dann musste Stephen nach England zurück, um seinen Abschluss an der Uni zu machen. Die Liebe, die Band „und vor allem das Bier, das hier viel billiger und dazu noch in größeren Flaschen zu haben ist“, waren für den munteren Lockenkopf Grund genug, schnell wieder nach Deutschland zurück zu kehren. „Inzwischen waren wir auch alle reifer und hatten Lust, ein eigenes musikalisches Profil zu entwickeln“, erinnert sich Stephen. Die Kulturkreise, in denen sie groß geworden sind, wollten sie dabei keineswegs abschütteln. „Durch die internationale Schule, auf der wir unterrichtet worden sind, unterlagen wir vor allem amerikanischen Einflüssen“, so die Brüder. Stephen hingegen möchte seinen britischen Background nicht leugnen. „Nun machen wir Musik in Potsdam und müssen natürlich auch auf unser Publikum ein bisschen zugehen, ohne ihm hinterher zu laufen.“ Nicht zum Zudröhnen, ehrlich und gut durchgearbeitet sollen ihre Titel sein. „Wir sind Muttersprachler und schreiben keine ,Gülle“, labern nicht einfach etwas daher.“ Ideen für Songs kommen von allen, aber zu Papier bringt sie vor allem Jesse. „Wenn die Titel etwas gemeinsam haben, dann ist es die positive Weltanschauung, meist fangen sie nachdenklich an, steuern dann aber auf ein gutes Ende zu.“ Nicht so gut stellt sich allerdings die Probensituation von Dawnrise dar. „Sie ist geradezu frustrierend.“ Einmal die Woche, meist nach 22 Uhr, bleibt ohnehin nur Zeit zum Proben, da Jesse und Jonny nach ihrer Arbeit als Kellner und Verkäufer noch zur Abendschule gehen, um das Abitur nachzuholen. Steven, inzwischen Englischlehrer an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, kommt dann aus Berlin dazu. Derzeit proben sie im Club 18 am Stern, „aber dort teilen sich mindestens sieben Bands die Räume. Zwar kostet es nur 2,50 € die Stunde, aber man ist einfach nicht flexibel genug.“ Mit dem geräumigen „Van“ vom Vater kutschieren sie dann ihre Technik jedesmal quer durch die Stadt. „Mit den Auftrittsmöglichkeiten sieht es da schon besser aus: für junge Musiker gibt es durchaus Unterstützung“, und so spielten sie bereits im Waschhaus und Waldschloss, beim al globe und im Treffpunkt Freizeit. Für nächstes Jahr schwebt ihnen Rock in Caputh oder Rock in Nauen vor. „Man muss natürlich auch bereit sein, nur für eine Kiste Bier aufzutreten. Doch das ist für uns derzeit auch noch voll okay“, meint Bierexperte Stephen einsichtig. Die Illusion, irgendwann groß raus zu kommen, haben Dawnrise nicht. „Wir sind Realisten, aber manchmal muss man auch träumen dürfen. Und wir glauben natürlich an unsere Musik.“ So ein Auftritt wie beim Saturday fight Club fanden sie durchaus spannend. „Man steht ein bisschen unter Druck und probt dem entsprechend konzentrierter. Da Ferien waren, standen wir fast jeden Tag an unseren Instrumenten. Es ging richtig ernst zur Sache.“ Den Contest selbst sahen sie zwar als Wettbewerb, bestritten ihn aber durchaus mit freundschaftlicher Geste. „Wir sind schließlich keine Fußballmannschaft.“ Und so haben sie ganz fair auch bei den anderen Bands geklatscht. „Unser Ziel, ins Finale zu gelangen, haben wir erreicht, und das ist schon toll. Aber es wäre natürlich auch schön, eine Promo-CD gesponsert zu bekommen.“ Jedenfalls haben Dawnrise neue Lieder geschrieben und damit ihr Repertoire auf 13 eigene Songs aufgestockt. „Vielleicht holen wir für unseren Auftritt im Lindenpark für ein paar Titel auch ein Cello dazu.“ Auf jeden Fall wollen sie noch an ihrem Entertainment arbeiten, das Programm durchmoderieren und mit einer kleinen Lichtshow aufpeppen. „Musik muss auch attraktiv dargeboten werden“, wissen Dawnrise. Benannt haben sie sich nach einem ihrer eigenen Titel. Er lässt Dawn, die Dämmerung, und Sunrise, den Sonnenaufgang, miteinander verschmelzen. Inwieweit auch das Fight-Club-Finale für sie zum glücklichen „Sonnenaufgang“ wird, hängt diesmal nicht allein von der Zuschauergunst ab. Eine Jury wird mit über die Qualität der Bands entscheiden, was Dawnrise durchaus begrüßt. Sie glauben eben an sich und ihre Musik.
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