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Kultur: Heimatkunde

Der Potsdamer Künstler Manfred Butzmann zeigt Bilder aus den Skizzenblöcken seiner Oberschulzeit

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Heimatkunde, so betrachtet der Potsdamer Grafiker und Maler Manfred Butzmann sein Wirken. Das Naheliegende, das ihn Umgebende beobachtete er intensiv, bis heute: mit manchmal ruppigem Sarkasmus, feiner Ironie sowie poetischem Duktus. In Druckgrafiken, Aquarellen, Plakaten und Frottagen (Abreibungen) kann man seiner Heimatkunde begegnen. Als Schüler ist es ihm vor gut 50 Jahren noch nicht eingefallen, sein Zeichnen und Malen als Heimatkunde zu bezeichnen. Obwohl er sie bereits schon unbewusst betrieb. Im Treppenhaus des Großen Waisenhauses kann man derzeit Butzmanns Heimatkunde-Blätter betrachten, die er als Oberschüler im Kunstunterricht der Helmholtz-Schule anfertigte.

Insgesamt 111 Skizzenblöcke hat der Schüler mit Zeichnungen gefüllt, beginnend im September 1959 und endend 1975. Da hatte er schon das Abitur hinter sich. Auch als Offsetretuscheur-Lehrling, im Malzirkel von Magnus Zeller in Caputh, während des Grafikstudiums an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und darüber hinaus als freischaffender Künstler begleiteten ihn die Skizzenblöcke. 1975 wechselte er dann zu den illustrierten Tagebüchern, die er bis zum heutigen Tag pflegt.

Die Ausstellung im Treppenhaus versteht sich auch als eine Hommage an Suse Globisch-Ahlgrimm. Die Künstlerin und Kunstpädagogin vermochte auch Manfred Butzmann erste entscheidende Kunst-Impulse zu geben. Er und viele andere seiner einstigen Klassenkameraden sprechen mit Hochachtung von ihr. Sie sind sich der künstlerischen Grundlagen, die sie ihnen mit auf den Weg gab, sehr bewusst. Butzmann erinnert sich: „Als ich mich 1961 an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bewarb, muss ich auf Werner Klemke den Eindruck gemacht haben, sicher damit zu rechnen, dass ich aufgenommen werde. Jedenfalls fragte er mich: ,Woher wollen Sie wissen, ob wir Sie nehmen werden?‘ Selbstbewusst antwortete ich: ,Bis jetzt ist in jedem Jahr einer aus unserer Schule angenommen worden.‘ Das Vertrauen hatte mir wohl Suse Ahlgrimm eingepflanzt, wie vielen anderen vor mir auch schon.“ Erst 1964 konnte er ein Grafikstudium in Weißensee beginnen. Butzmanns Idee, Bilder ehemaliger Mitschüler, die ebenfalls Künstler geworden sind, mit auszustellen, ist eine ehrliche Wertschätzung für deren Arbeiten. Und so begegnet man im Großen Waisenhaus Heimatkundliches auf Aquarellen und Zeichnungen auch von Elke Bullert, Wolfgang Liebert und Peter Fritz.

Manfred Butzmann, der in Bornim aufwuchs, hat einen Skizzenblock wohl immer zur Hand gehabt. Die historische Mitte Potsdams erlebte der 1942 Geborene als Schüler nur als Ruinen-Areal. Gebäude von europäischem Ruf wie das Stadtschloss, der Palast Barberini oder die Garnisonkirche wurden durch Bomben im April 1945 zerstört. Der Schüler beobachtete die Veränderungen, die sich in den 60er-Jahren im Zentrum ereigneten und brachte sie vor allem mit dem Zeichenstift, auch mit Kohle und Tusche aufs Papier: den Abriss des Stadtschlosses und des Fortunaportals, die Reste des Schauspielhauses am Stadtkanal mit der Portal-Einladung an die Potsdamer „Dem Vergnügen der Einwohner“, den Turm der Garnisonkirche, den Neubau der Langen Brücke, das Wiedererstehen des Alten Rathauses oder die wieder aufgesetzte prägnante Kuppel der Nikolaikirche. Mit beachtlich zeichnerischem Schwung sowie bereits sicherem räumlichen Empfinden für Stadtarchitekturen konnte er damals schon aufwarten. Vor allem seine genaue Beobachtungsgabe von Menschen im Alltag: die Eltern vor dem Dürer-Fernsehapparat, die strickende Schwester Iris, der Bornimer Dorffriseur beim Haareschneiden oder der in sich gekehrte Raucher mit der Riesen-Nase. Manche Zeichnungen mit ihrer Lebendigkeit aus dem A5-Format-Skizzenblock, die in der Ausstellung etwas vergrößert in Kopien zu sehen sind, verraten bereits den Weg, den Butzmann als Künstler dann ging.

Mit Schülern des Helmholtz-Gymnasiums arbeitete Butzmann im vergangenen Schuljahr. Es hat ihm, wie er bekennt, großen Spaß gemacht. Mehrere Stunden des Kunstunterrichts verbrachten Schüler, die Lehrerin Katja Frick und der Künstler gemeinsam. Gearbeitet wurde zum Thema „Treppauf - Treppab“. Mit ihren ganz eigenen Blicken wandten sie sich Potsdamer Bauwerken zu: neugierig, spielerisch, fantasievoll und unverkrampft, grafische und fotografische Techniken einsetzend. Schloss Sanssouci, der Einsteinturm, die Baustelle des Stadtschlosses gehörten zu den näheren Betrachtungen sowie zu den Zeichen- und Malergebissen, die man nun ebenfalls im Großen Treppenhaus erleben kann. Manfred Butzmann: „Wenn vor den Giebeln des wiederaufgebauten Stadtschlosses Zeichnungen entstehen, die an Piranesis Radierungen erinnern – und somit auch an Rom so ist damit etwas zum Besonderen des Potsdamer Barock gesagt.“ Heimatkunde eben. Klaus Büstrin

Bis zum 11. Oktober im Großen Waisenhaus, Lindenstraße, montags bis freitags, 7 bis 18 Uhr

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