Kultur: Hoffnungsvolle Botschaft vermittelt Kantor Joachim Walter mit 50 Jahren verstorben
Nachdem am Karfreitag Nachmittag in der Friedenskirche Sanssouci der Vocalkreis Potsdam die letzten Takte von Dieterich Buxtehudes Kantatenzyklus „Membra Jesu nostri“ gesungen hatte, verharrte Kantor Joachim Walter minutenlang an der Truhenorgel. Von dort aus leitete er die Aufführung.
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Nachdem am Karfreitag Nachmittag in der Friedenskirche Sanssouci der Vocalkreis Potsdam die letzten Takte von Dieterich Buxtehudes Kantatenzyklus „Membra Jesu nostri“ gesungen hatte, verharrte Kantor Joachim Walter minutenlang an der Truhenorgel. Von dort aus leitete er die Aufführung. Die vertonten Worte, die vor mehr als 800 Jahren Arnulf von Löwen schrieb, schienen ihn tief zu bewegen. „Wenn du mich davongehen heißt, / dann, lieber Jesus, erscheine mir / zeige dich selbst mir dann / an dem heilbringenden Kreuze.“
Joachim Walter muss es wohl geahnt haben, dass seine schwere Krebserkrankung keine lange Lebensdauer mehr zulassen würde. Am 16. Juni ist er im Hospiz auf Hermannswerder mit 50 Jahren verstorben. Im Januar 2014 kam der promovierte Kirchenmusiker aus der kleinen holsteinischen Stadt Preetz nach Potsdam, um die vakante Organisten- und Kantorenstelle an der Friedenskirche anzutreten. Damit war auch die kreiskirchliche Arbeit in Sachen Kirchenmusik verbunden. Im Wissen um die große Tradition der Musica Sacra im Gotteshaus im Park Sanssouci begann er voller Elan und mit Begeisterung seine Arbeit, den Kopf voller Ideen und Pläne. Für ihn war das gottesdienstliche Musizieren stets Herzstück seines Kantorenlebens. Mit hingebungsvoller Gewissenhaftigkeit, innerer Freude und Warmherzigkeit hat er das ihm anvertraute Amt verwaltet. Seine wunderbare Gestaltungskraft machte die vielschichtigen Dimensionen von Musik erlebbar. Doch ihren autonomen Gesetzen folgte er nicht allein, sondern er nahm gleichzeitig den Auftrag des Gotteslobes, der Anbetung und der Verkündigung mit großem Ernst wahr.
Das Musizieren auf der Woehl-Orgel schien ihm besondere Freude zu bereiten, ob im Gottesdienst oder im Konzert. Strukturelle Klarheit und spannende Klangkonstellationen zeichneten sein mitreißendes Spiel aus. Die Chöre, die er leitete, ob Kantorei, Oratorienchor und Vocalkreis, profitierten von seiner feinfühligen und genauen Einstudierung. So konnten eben das liturgische und das konzertante Singen gelingen und fanden strahlungskräftige Interpretationen. Neue Akzente setzte er in den Programmgestaltungen des Vocalkreises und des Oratorienchores, die so manche Entdeckung in Sachen Musica Sacra bescherten. Doch Joachim Walter war es nicht vergönnt gewesen, all seine Vorhaben durchgängig selbst zu realisieren. Choraufführungen konnte er glücklicherweise in vertrauensvolle Hände legen, so in die von Tobias Scheetz, so etwa die Puccini-Messe im Frühjahr dieses Jahres. Für die kommenden Monate bereitete der Kantor den Internationalen Orgelsommer intensiv vor. Ein Konzert wollte er natürlich selbst in der Friedenskirche gestalten. Nun wird die Orgelstunde wohl auch gedenkend an Joachim Walter stattfinden.
Der aus dem Württembergischen stammende Kantor studierte Kirchenmusik an der Lübecker Musikhochschule. Nach dem Examen wurde er Kirchenmusiker der dortigen Lutherkirche. 2005 wechselte Joachim Walter an die Stadtkirche von Preetz. Fünf Jahre zuvor promovierte er an der Universität Göteborg über romantische Orgelregistrierpraxis.
Nach der Aufführung von „Membra Jesu Nostri“ am Karfreitag spielte er zu Ostern die Woehl-Orgel und leitete die Kantorei, in denen er trotz schwerer Krankheit die hoffnungsvolle Botschaft seines Glaubens musikalisch an die Hörenden weitergab. Klaus Büstrin
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