Kultur: „Ich warte auf den Anruf von Volker Schlöndorff“
Ben Becker kommt mit der Lesung von Alfred Döblins „Berlin - Alexanderplatz“ in den Nikolaisaal
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Ben Becker kommt mit der Lesung von Alfred Döblins „Berlin - Alexanderplatz“ in den Nikolaisaal „Ich bin noch lange nicht satt, der Text fasziniert mich zu sehr“, sagt Ben Becker, Schauspieler, Sänger und Vorleser. Zur Zeit reist er mit seiner Lesung von Alfred Döblins „Berlin - Alexanderplatz“ durch Deutschland, am 15. Oktober trifft der Tourtross hier im Nikolaisaal ein. Nachdem umjubelten Bühnenstück 1999 und 2000 im Berliner Gorki-Theater und dem erfolgreichen Hörbuch aus dem vergangenen Jahr beschäftigt sich Becker nun zum dritten Mal mit dem Buchklassiker: dessen Hauptcharakter Franz Bieberkopf scheint das Enfant Terrible des deutschen Kinos nicht mehr loszulassen. Für seine Pressekonferenz hat Becker den Keller einer Berliner Szenekneipe gewählt. Champagner-Kisten türmen sich in vergitterten Wandregalen, Ben Becker trinkt indes im warmen Schein der aufgestellten Kerzen nur Wasser. Er erzählt, wie die Tour bisher läuft: „In Kiel kamen 1800 Leute auf ein Open Air, dabei waren es nur sechs Grad. Aber alle blieben.“ Becker trägt eine schwarze Melone, die selbe wie bei den Lesungen. „Jeder Auftritt dauert zweieinhalb Stunden, das ist anstrengend“, sagt Becker und meint das stimmliche Hin- und Her-Wechseln zwischen Döblins Figuren, ihren Stimmungen. „Es gelingt an keinem Abend, jede Figur gänzlich überzeugend anklingen zu lassen“, sagt Becker, der mit Filmen wie „Schlafes Bruder“ oder „Comedian Harmonists“ berühmt wurde: Das Multitalent gibt sich ungewohnt bescheiden. Ist er mit seinen 40 Jahren nun alt und damit ruhiger? Becker will davon nichts wissen. „Mir ist nur nichts Witziges eingefallen, ich muss ja nicht ständig in den Gazetten der Republik herumgeistern.“ Vielleicht liegt es aber auch an seiner vierjährigen Tochter Lilith-Maria-Dörte. Ihr zuliebe hatte er in diesem Jahr einen Gastauftritt in der Sesamstraße, außerdem arbeitet Becker zur Zeit an einem selbst geschriebenen und illustrierten Kinderbuch: „Bruno, der Junge mit den grünen Haaren.“ Der neue Familienmensch Becker bleibt also das bekannte Arbeitstier. Ein geplantes Projekt ist ein TV-Stück aus der Feder von „Der Untergang“-Regisseur Oliver Hirschbiegel. Becker: „Es ist eine Ein-Mann-Show, ein Jude rollt seine eigene Geschichte auf.“ Nur eine Biographie, die wird es von Ben Becker wohl nicht geben: „Wie soll die denn heißen?“ Mit solch einem Zitat ähnelt Becker ein Stück weit dem einfach gestrickten Bieberkopf aus Döblins Alexanderplatz-Roman. Becker mag ihn, muss ihn mögen, sagt: „Er ist ein dicker einarmiger Clown mit einarmiger Komik.“ Die Figur funktioniert für Becker in der Lesung noch besser als im Hörbuch: „Zwei Musiker meiner Zero Tolerance-Band weben dazu einen Klangteppich.“ Und nach der Reise, war“s das dann mit Döblin oder gibt“s noch eine Verfilmung? Becker: „Ich warte auf den Anruf von Volker Schlöndorff?“ Niemand weiß, ob er nur scherzt. Henri Kramer
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