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Kultur: Im Gleichschritt mit der Zeit

Richard Groschopp arbeitete für Leni Riefenstahl, später für seine sozialistischen Ideale / Eine Foyerausstellung im Filmmuseum

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Es ist eine kleine, fast unscheinbare Ausstellung. Und doch gibt es keinen Grund, sie zu übersehen. Sie erzählt über das künstlerische Leben von Richard Groschopp, der zu Leni Riefenstahls Olympia-Filmen die Kamera führte und sich nach 1945 überzeugt der Idee des Sozialismus verschrieb. Anlässlich seines 100. Geburtstages zeigt das Filmmuseum in einer Foyerausstellung einige interessante Dokumente, Plakate und technisches Zubehör aus dem Nachlass des ehemaligen Kleinmachnowers, der vor zehn Jahren starb.

Gleich unten im Eingangsbereich läuft eine Filmschleife mit einigen seiner Amateurfilme, darunter „Eine kleine Königstragödie“ aus dem Jahre 1936. Dieses Märchen, das auf einem richtigen Schachbrett spielt, war der erste international preisgekrönte deutsche Amateurstreifen. In dem anrührenden Film „Herzeleid einer Wäscherin“ von 1938 ist zu sehen, wie eine Puppenmutti große Wäsche hat und dabei die Sachen verfärbt. Mit dicken Kullertränen beweint sie das Desaster, doch zum Glück hat die Puppenmutti auch eine Mutti, die helfen kann.

Ganz so unverfänglich waren seine späteren Kurzfilme nicht mehr. Groschopp drehte neben zahlreichen Kultur- und Werbefilmen auch Produktionen für die NS-Luftwaffe. „Sein bereitwilliger Einsatz als Kameramann bei den Olympiafilmen von Leni Riefenstahl belegen, dass sich Groschopp mit dem Nationalsozialismus arrangiert hat“, ist in dem Flyer zur der von Ines Belger und Ralf Forster gestalteten Ausstellung zu lesen. Groschopp selber sagte 1987: „Ohne mit Hitler und seinem Programm zu sympathisieren, tat ich aber auch nichts dagegen. Ich verhielt mich einfach ruhig.“

In den Vitrinen sind einige Dokumente aus dieser Zeit zu sehen, so ein Gehaltsschein über 600 R.M. pro Monat von der Boehner Film Dresden, die ihn als Kameramann und Regisseur engagiert hatte. Auch eine Zeitung, die sich den Olympia-Filmen widmet, ist ausgestellt. Darunter die Notiz: „Lieber Richard, anbei ein Beleg für Dein wüstes Leben mit nackten Sportlerinnen aus der Organisation ,Glauben und Schönheit“. Besonders gern wäre ich der oberen Dame auf Seite 5 begegnet.“

Aus dem Jahr 1946 gibt es eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Polizeipräsidiums Dresden, in der zu lesen ist, dass Groschopp „kein Mitglied der ehemaligen NSDAP oder einer deren Glieder“ gewesen sei. „Über seine politische Vergangenheit ist uns nichts Negatives bekannt.“ 1950 kam Groschopp nach Babelsberg und entwickelte ein Konzept für die „Stacheltiere“, die sich pointiert mit dem Alltag der DDR und polemisch mit dem Westen auseinander setzten. Mindestens 55 Folgen gehen allein auf Groschopp zurück, der mit scharfer Zunge gegen Bummelanten, Faulpelze, Bürokraten, Egoisten und Karrieristen zu Felde zog. Auch Kriminalfilme mit zugespitzten Geschichten ging Groschopp an. Dazu gehört die parteilich überzogene „Glatzkopfbande“, die über eine vom „Westen“ gesteuerte Bande Rowdys erzählt, die auf Usedom ihr Unwesen treibt. Zuvor gab es ein Gespräch zwischen dem Drehbuchautor Carl Andrießen und einem Pressemann vom Ministerium des Inneren, über das zu lesen ist: „Die größte Sorge bereitet unserer Kriminalpolizei die Jugendkriminalität, namentlich das Rowdytum.“ In dem Film waren es nun die Klassenfeinde, die Böses anzettelten. „Entlassen auf Bewährung“ mit Angelica Domröse und Heinz Klevenow setzten diesen Stoff thematisch fort. Darin wurde gezeigt, dass jedem Vorbestraften in der DDR der Weg ins Normalleben konfliktfrei geebnet ist.

Einen freieren Blick gab es offensichtlich auf die Geschichte anderswo. Richard Groschopss Indianerfilm „Chingachgook, die Große Schlange“ von 1967 bescheinigte der Tagesspiegel Westberlin: „Er enthält mehr historische Wahrheit und mehr Mitteilungen über die koloniale Vergangenheit Amerikas als alle Karl-May-Bände und viele Hollywood-Produktionen zusammen.“

Das Filmmuseum ergänzt die Ausstellung mit einer Werkschau. Am 25. September laufen Groschopps frühen DEFA-Dokumentarfilme aus Dresden und am 3. Oktober „Die Glatzkopfbande“ sowie „Entlassen auf Bewährung“. Inge Bennewitz hat „Die wahre Geschichte der Glatzkopfbande“ veröffentlicht. Sie wird beide Filme begleiten. Heidi Jäger

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