
© Sammlung Potsdam-Museum
Kultur: Im Minenfeld
Diskussion im Truman-Haus: Über DDR-Kunst in Museen wird immer noch gestritten
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„Kein Künstler, kein Maler, keiner von denen hat je ein vernünftiges Bild gemalt“, sagen Kritiker der DDR-Kunst. Die Fronten sind alt, den Kalten Krieg trägt man bis heute aus. Jeder kennt die pauschalen Urteile: Das ist nur „Auftragskunst“ oder „Staatskunst“. Die Kunst der DDR wird auch nach 20 Jahren der Wiedervereinigung schroff und polemisch aus Museen ausgegrenzt. Man erinnert sich an die Ausstellung zur Feier der Verfassung der Bundesrepublik im Berliner Gropiusbau vor zwei Jahren. Und im 2010 wiedereröffneten Albertinum in Dresden wurde die Malerei aus der DDR nur marginal betrachtet. Der größte Teil von Kunstwerken, die zwischen 1945 und 1990 in Ostdeutschland entstanden, verschwanden zumeist in den Depots.
Mit dem Thema „Bilderstreit“ befinde man sich in einem Minenfeld, sagte Christoph Tannert vom Kunsthaus Bethanien Berlin während eines Diskussionsabends am Dienstagabend im Babelsberger Truman-Haus der Friedrich-Naumann-Stiftung. Die überaus gut besuchte Veranstaltung kündet von dem großen Interesse und dass die heftig geführte Debatte unter Museumsleuten, Kunsthistorikern, Künstlern und Rezipienten immer noch nicht beendet ist. Die Naumann-Stiftung und der Co-Veranstalter, das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, gaben dem Abend einen optimistischen (zweckoptimistischen?) Titel. Sie nannten ihn „Nach dem Bilderstreit. Neue Zugänge zur Kunst aus der DDR?“ Die Frage hält aber bereits die Antwort bereit, dass es wohl noch nicht gang und gäbe sei, der Kunst aus der vergangenen DDR in den Museen unseres Landes Tür und Tor zu öffnen.
Der Hurra-Patriotismus oder der Opportunismus von Künstlern gegenüber dem DDR-Staat darf nicht verschwiegen und muss beleuchtet werden, aber bei der Auswahl von Bildern für eine Ausstellung sollte allein die künstlerische Qualität wichtig sein, so das Resümee der Gesprächsteilnehmer. Darauf hat auch das Potsdam Museum ein Augenmerk, bekannte Jutta Götzmann, die seit drei Jahren der Einrichtung als Direktorin vorsteht. Sie berichtete, dass die Sammlung der Einrichtung mit Kunstwerken aus der DDR sehr heterogen sei. „In der 1977 am Museum eröffneten Galerie der sozialistischen Kunst findet man zwar Gemälde von Malern aus Leipzig oder Halle, doch der Sammlungsschwerpunkt lag im Ankauf von Bildern regionaler Künstler“, so die Direktorin. Die sozialistische Gegenwartskunst zu fördern, war das Anliegen der Geldgeber der Räte des Bezirkes und der Stadt Potsdam oder des Kulturfonds der DDR. Sie bestimmten, welcher Künstler und welches Bild in die Galerie Einlass zu finden habe. „Da ließen sich starke Schwankungen in der Qualität bei der Übertragung von Kunst nicht vermeiden. Nur bei einigen Werken wird der unabhängige Sammlungswille der Leiter deutlich,“ sagte Jutta Götzmann.
In der neuen Stadtgeschichts-Ausstellung, die im kommenden Jahr in den Räumen des Alten Rathauses wieder ihr Domizil findet – in ihm war das erste städtische Museum vor 100 Jahren untergebracht -, werde man auf die Bestände der DDR-Kunst-Sammlung nur aus kulturhistorischen Aspekten zurückgreifen können. „Doch um wirklich gute Kunst in die Ausstellung zu integrieren, werden wir auf private Sammlungen zurückgreifen“, bemerkte die Direktorin.
In der Tat, in den Museen gebe es zum Teil grauenvolle Bilder aus DDR-Zeiten, aber auch aus dem Barock oder der Romantik, aus Epochen, die man heute gern, wenn es um Kunst geht, verkläre, warf Fritz Jacobi, ehemaliger Kustos der Neuen Nationalgalerie Berlin, in die Diskussion ein. Doch auch Werke, die einer hohen ästhetischen Qualität gerecht werden. „Leider stellt man immer wieder Verdrängungen von Malerei, Grafik oder Skulpturen von Künstlern aus der DDR fest. Man kann sie nicht, die man vor der Wende 1989 als gut befand, heute plötzlich schlecht finden. Die Fragen zur Qualität sind zu jeder Zeit die gleichen,“ so Jacobi, der bis zur Wiedervereinigung der Nationalgalerien Ost und West in der Ostberliner Galerie tätig war und einen guten Überblick über die Kunst in der DDR hat.
Der Dresdner Soziologe Karl-Siegbert Rehberg – er arbeitet an einen „Bildatlas – Kunst in der DDR“ mit, betonte, dass für die Partei- und Staatsobrigkeit die Künstler für die Repräsentation auch im Ausland wichtig waren. „In den achtziger Jahren wurden sie sogar ,aufgefordert‘, ,Problembilder’ zu malen. Diskurse über die Mängel des Alltags sollten nicht in der Zeitung oder im Fernsehen geführt werden. Man gab ihnen einen Platz in der Kunst mit der naiven Einschätzung: Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung nimmt daran teil.“ Allein der Besuch der Kunstausstellungen in Dresden spricht eine andere Sprache. Vielleicht kann ein Stück vom Minenfeld geräumt werden, wenn man bedenkt, „dass Kunstgeschichte auch Individualgeschichte ist“, wie Christoph Tannert feststellte. Man sollte sich den Künstlern mit ihrer oftmals gebrochenen Biografie stärker zuwenden. Ja, vielleicht wäre die Bewertung ihrer Arbeiten dann nicht so rüde.
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