Kultur: Im Tanz durch die Kulturen
Am Wochenende gibt es in Potsdams historischer Mitte das Europafest
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Am Wochenende gibt es in Potsdams historischer Mitte das Europafest Familiär geht es zu in Potsdams historischer Mitte. Mit charmant-pointierter Geste bezeichnet der Chef des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG), Gert Streidt, das Filmmuseum als die „Mutter“. Schließlich ist es seit fast 25 Jahren Platzhalter. Der Nikolaisaal mit seinen fünf Jahren sei für ihn das erwachsene Kind, während sich das HBPG selbst mit seinen zwei Jahren noch als Baby fühlt. Im trauten Familienbunde wollen sie nun am Wochenende mit vereinten Kräften zum großen Europafest laden und aus allen Ecken und Winkeln die Mitte kulturell beleben. Bei der gestrigen Pressekonferenz stellten die verschiedenen Veranstalter ihr hochkarätiges Programm vor, das wohl für alle Geschmäcker etwas bereit hält und vielleicht ein wenig das HappeningFlair der Schlössernacht atmet. Nur ohne Schlösser und kleiner, dafür aber mit Veranstaltungen, die auch die Konzentration im Konzertsaal ermöglichen. Die Kammerakademie eröffnet mit Musik, die zwar nicht aus Europa stammt, aber hier nicht mehr wegzudenken ist: Tango Argentino. Das Potsdamer Orchester spielt zum ersten Mal diese Tanzmusik und wird bei der Premiere den gefeierten Tango-Star Pablo Veron, bekannt auch aus dem Film „Tango Lesson“ von Sally Potter, begleiten. Anschließend darf auch das Publikum im 2/4-Takt über das Schwingboden-Parkett gleiten. Einen weiten Bogen schlägt das Filmmuseum mit seinen zwei Kino-Open-Airs. Fatih Akins „Crossing the Bridge – The Sound of Istanbul“ führt in eine brodelnde, junge Stadt voller Musik. Das Gegenstück dazu liefert Andreas Dresens Tragikomödie „Halbe Treppe“, die in einer sterbenden Stadt angesiedelt ist. „Diese Begegnung von Okzident und Orient zeigt die zwei Pole, zwischen denen sich Europa bewegt“, so Filmmuseums-Leiterin Bärbel Dalichow. Mit dem Startenor Joseph Calleja aus Malta, der an allen Opernhäusern der Welt singt und als Nachfolger von Alfredo Kraus gehandelt wird, trumpft der Nikolaisaal zum fünften Geburtstag auf. Nicht minder beeindruckend bei der „Belcanto-Gala“ dürfte seine aus Moldawien stammende Ehefrau Tatjana Lisnic sein, die als Sopranistin nicht nur an der Wiener Staatsoper gefeiert wird. Begleitet werden sie in ihren Arien und Duetten von Gounod, Bellini oder Donizetti vom Deutschen Filmorchester Babelsberg, das anschließend mit seiner Big Band-Formation beim Straßenfest am Stadtkanal in die Nacht swingt und jazzt. Abgelöst wird sie gegen 22 Uhr von den HipHoppern Culcha Candela – mit acht jungen Musikern aus ebenso vielen Nationalitäten (der Eintritt beim Straßenfest ist frei). Wie bereits in den Vorjahren erfolgreich erprobt, geht das Europafest auch in diesem Jahr eine Liaison mit dem Lichterfest ein. Rund um den Neptunbrunnen gibt es Musiktheater mit Pampelmuse, Lieder am Lagerfeuer oder eine Clownsshow. Dazwischen können die Kinder ihre Lampions basteln, mit denen sie sich dann ihren Weg zum Stadtkanal leuchten. Der Sonntag gestaltet sich ebenfalls familienfreundlich, wenn das HBPG zu „Sagenhaftes Brandenburg im 6/8 Schritt“ einlädt. „Wir schlagen von Europa wieder den Bogen zurück nach Brandenburg, lassen in unserer Dauerausstellung Sagen sprechen, wie die von der armen Witwe aus Caputh“, macht Gert Streidt auf dieses tänzerische Heimspiel neugierig. Ein Saalbeben kann man dann von den vier „Apocalyptica“-Finnen erwarten, die mit ihren exaltierten Metal-Adaptionen schon ganze Arenen füllten. Die „Familie“ aus Potsdams Mitte hat sich also stark gemacht. Heidi Jäger
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