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Kultur: Kinder auf der Flucht

Die Ausstellung „Angst vor der Tür“ in der Landeszentrale

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Die Ausstellung „Angst vor der Tür“ in der Landeszentrale Die Kinder sind neun oder zehn Jahre alt. Obwohl die meisten von ihnen in Berlin geboren wurden, stammt bei fast allen zumindest ein Elternteil nicht aus Deutschland. Auf die Frage, was sie mitnehmen würden, wenn sie fliehen müssten, antworten viele: die Eltern, die Schwester oder den Bruder. Auch Haustiere wollen sie nicht zurücklassen. Muaz , dessen Eltern aus Bosnien Herzegowina stammen und der in Kroatien geboren wurde, würde seine Playstation einpacken. Und Angst hätte er vor Soldaten und Bomben. Auch Habib, dessen Eltern aus dem Libanon sind, würde im Falle einer Flucht sein Lieblingsspiel mitnehmen, weil es ihm Spaß macht. Angst hätte er vor Panzern und Soldaten. In der Ausstellung „Angst vor der Tür – Kinder auf der Flucht“ sind die Porträts dieser Kinder der 3. Klasse der Leuna-Grundschule Berlin/Kreuzberg zu sehen. Sie hatten das vielbeachtete Stück „Fluchtwege“ am Hans Otto Theater in Potsdam besucht. Anschließend haben sie sich in dem Workshop „Kofferpacken“ weiter mit dem Thema beschäftigt: „Was packe ich in meinen Koffer, wenn ich fliehen muss? Was nehme ich mit auf die Reise, von der ich nicht weiß, wohin sie mich führt?“ Die Antworten der Kinder stehen unter den Porträts und sind in Form von Papierfiguren und -gegenständen auf den Fotos zu sehen. Diese Ausstellung in der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, die dort zusammen mit dem Hans Otto Theater und der Leuna-Grundschule eingerichtet wurde, führt von der künstlerischen und imaginären Auseinandersetzung mit dem Thema „Kinder auf der Flucht“, zu einem Überblick, der die faktische Situation dokumentiert. Was auf internationaler Ebene das „Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen“ (UNHCR) zu leisten versucht, geschieht in Brandenburg durch das Jugendprojekt ALREJU (Heim für alleinreisende Kinder und Jugendliche) in Fürstenwalde. Flüchtlingskinder und -jugendliche, deren Eltern verstorben oder im Herkunftsland zurückgeblieben sind, werden dort aufgenommen, lernen Deutsch, besuchen die Schule und leben in betreuten Wohngemeinschaften zusammen. Manche bleiben nur kurz, manche ein Jahr oder vier. Doch niemand länger, als bis zum sechzehnten Lebensjahr, denn dann werden sie „asylmündig“. Nur der Status des „politischen Flüchtlings“ verhilft zur unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, sofern nicht Heirat oder der Besitz eines festen Jobs für das Bleiberecht sorgen. Doch welches Kind flieht, weil es politisch auffällig geworden ist? Armut, Bürgerkrieg, Naturkatastrophen, Verlust der Familie, mit der die Kinder vielleicht geflohen waren, sind kein Grund für Asyl. Um der sicheren Abschiebung zu entgehen, verschwinden die meisten. Sie tauchen unter, bevor dieses Gesetz, das ihre Existenz und ihre speziellen Umstände nicht vorsieht, greift und sie in ihr Heimatland abgeschoben werden. Das ALREJU bietet den 44 Kindern, mehr aktenkundig gewordene Flüchtlinge unter 16 gibt es in Brandenburg nicht, einen Ort der Geborgenheit. In der Ausstellung ist in Zahlen und Gesetzesauszügen die Asyl-Situation in Deutschland einzusehen. Außerdem sind konkrete Eindücke aus dem Alltag im ALREJU und Briefe von Ehemaligen ausgestellt.Dagmar Schnürer Bs zum 27. Februar. Mo., Di., Mi. 9-18 Uhr; Do., Fr. 9-15 Uhr.

Dagmar Schnürer

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