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Kultur: Kraftvoll und poetisch

Zum Tode des Malers und Grafikers Karl Raetsch. Er starb am 2. Mai

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Zum Tode des Malers und Grafikers Karl Raetsch. Er starb am 2. Mai Noch vor wenigen Wochen wurde in der Galerie Burster, Albrecht in der Potsdamer Charlottenstraße dem Maler und Grafiker Karl Raetsch eine besondere Freude bereitet: er konnte mit seiner Frau Barbara eine eigene Ausstellung eröffnen. Er machte einen relativ frischen Eindruck, von schwerer Krankheit war kaum etwas zu spüren. Und doch musste sich Karl Raetsch schon seit zwei Jahren ins Krankenhaus zur Behandlung begeben, zuletzt ins Hospiz. Sein Körper gab ihm keine Chance mehr, dass er eventuell gesunden könnte. Er starb am 2. Mai im Alter von 73 Jahren in Lehnin. Karl Raetsch gehörte neben Wolfgang Wegener und Hubert Globisch – beide starben in den vergangenen zwei Jahren – zu den wichtigsten Malern Potsdams und der Region, und dies schon seit vielen Jahrzehnten. Geboren wurde er 1930 in Berlin. 1953 begann er das Kunststudium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Nach dem Abschluss im Jahre 1958 machte er sich nach Potsdam auf und gründete eine Familie. Seine Frau Barbara wurde ebenfalls Malerin, Sohn Robert Bildhauer. Wenn Karl Raetsch seine Bilder in Gemeinschaftsausstellungen präsentierte, schaute man zunächst auf seine Kunst, denn sie hielt stets Überraschendes parat. Vor allem seine Gemälde und Grafiken zur Zeitgeschichte ließen die Anteilnahme an aktueller Politik deutlich werden. Ironisch und auch sarkastisch lässt er die Justiz- und Verwaltungsbeamten antreten, gibt ihnen unwirkliche Gesichter. Obwohl sie sich so groß und wichtig geben, wirken sie auf Raetschs Bildern teilweise wie Zwerge. Die hohen Erwartungen, die er nach der Wende 1989/90 vom neuen Deutschland hatte, erfüllten sich auch für ihn nicht, er war enttäuscht. Kraftvoll gibt sich Karl Raetschs Kunst, wenn er karikierte und vor allem wenn er Porträts malte. Sie versuchen die Physis und Psyche des von ihm gemalten Menschen beleuchtete. Karl Raetsch konnte aber auch sehr poetisch sein. Seine vielfältigen Darstellungen von der märkischen Landschaft sind Zeugnis dafür. Karl-Robert Schütze schreibt in einem Katalog: „Naturvertraut zeigt sich Karl Raetsch besonders in den vielen Aquarellen, in deren Stimmungen die märkische Landschaft in ihrer Weite und Sprödigkeit und mit ihren vermeintlich kargen Reizen herausgestellt und treffend charakterisiert wird. Dieser Technik schien dem Künstler sich über viele Jahre als eine Art Lockerungsübung neben den anderen zu bedienen.“ Seine von ihm auf Papier gemalten Blumen, Kirchen und Strände sind eben voller Poesie und Schönheit. Karl Raetsch hatte immer wieder das Glück, dass man seine Gemälde, Aquarelle und Grafiken -vor allem Holzschnitte – gern auf Expositionen präsentieren wollte. Und er nahm diese Angebote etlicher Galerien für Personalausstellungen immer wieder gern an. Am liebsten zeigte er seine Bilder jedoch in der neugotischen Kapelle auf Hermannswerder. Dieses leerstehende Gebäude konnte er nach Abschluss eines Pachtvertrages 1979 beziehen. Er gestaltete es zu einem Atelier um, konnte in Ruhe arbeiten. Dort musste sich Karl Raetsch auch nicht Galeristenwünschen unterwerfen, er konnte seine eigene Konzeptionen für die Präsentationen zusammen stellen. Jeweils im Frühjahr und im Herbst - und dies seit vielen Jahren – öffnete er die Kapelle für die Besucher. Auch Barbara und Robert Raetsch fanden dort Platz für ihre Kunstwerke. Barbara Raetsch will diese Tradition weiterführen. Sie veranstaltet vom 15. Mai bis zum 18. Juli im Atelier auf Hermannswerder eine Gedenkausstellung für ihren Mann. Karl Raetsch war ein Künstler, der nicht viel Wind um sich und seine Kunst machte. Er war, wie man so schön sagt, ein Kumpel: kraftvoll, sensibel, warmherzig, verletzlich und liebevoll, einer, bei dem man sich mit Sicherheit geborgen fühlen konnte. Er hat natürlich auch mit seiner Meinung nicht hinter „dem Berg gehalten“, aber sie war ehrlich und nie verletzend. Potsdam hat nun einen weiteren hervorragenden Maler in kurzer Zeit verloren. Der Stadt fällt die Aufgabe zu, Karl Raetsch mit einer Ausstellung zu ehren. Durch sein Werk lebt auch dieser Künstler weiter, der sich unsere Welt mit seinen künstlerischen Mitteln in wunderbarer Weise angenommen hat. Klaus Büstrin

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