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Kultur: Künstler vertreten sich selbst

Morgen Abend beginnt die 2. ART Brandenburg / 80 Aussteller präsentieren sich bis 18. November in der Schiffbauergasse

Es scheppert in der Halle. Die Potsdam Messe GmbH ist dabei, die Schinkelhalle und den Kunstraum des Waschhauses zu „filetieren“. 60 sogenannte Kojen sind im Entstehen, die morgen Abend zur Eröffnung der 2. ART Brandenburg mit Kunst aller Coleur gefüllt sein werden. Und auch die 80 Künstler selbst werden anwesend sein, um drei Tage lang persönlich ihre Malerei, Fotografie, Skulptur, Grafik, Glas oder Keramik feil zu bieten.

Anders als bei den großen Kunstmessen in Köln oder Frankfurt (Main), die von professionellen Messegesellschaften veranstaltet werden und auch professionelle Preise für die Stände nehmen, präsentiert sich die ART Brandenburg als Produzentenmesse, das heißt: Künstler vertreten sich selbst, ohne zwischengeschaltete Galeristen.

Doch so ganz im Selbstlauf funktioniert so ein Gruppenunternehmen natürlich nicht. Also haben sich Daniela Dietsche, die Geschäftsführerin des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler (BVBK), und der Maler und Grafiker Rainer Ehrt als Projektleiter die Verantwortung auf die Schultern geladen, die reich bestückte Künstlerkarre flott zu machen. Der Auftakt vor zwei Jahren lief gut an, rund 60 Prozent der damals in der Caligari-Halle ausstellenden Künstler hatte nach eigenen Angaben Arbeiten verkaufen können.

Und so wunderte es nicht, dass es zur jetzigen zweiten ART Brandenburg wiederum 130 Bewerber für die Ausstellungsfläche gab, die bereit waren, 200 Euro Standgebühren zu bezahlen. Doch angesichts der knappen Fläche musste die Jury fast die Hälfte der Anträge ablehnen. „Ich habe allerdings etwas Bauchschmerzen mit dem Begriff Jurierung, schließlich waren es alle Profis, die sich bewarben und da ging es weniger um die Bewertung der Qualität. Wir wollten vor allem ein Gleichgewicht zwischen den Regionen und den Genres finden“, so Rainer Ehrt. Und so sieht er für sich auch nicht die Gefahr, einen Kollegen verprellt zu haben. „Man muss es aushalten können, ausjuriert zu werden. Ich selber habe das oft genug erlebt. Für mich ist der BVBK ein Instrument, das man spielen muss. Was hilft es, passiv rumzusitzen und zu meckern. Das hatten wir nach der Wende zur Genüge.“ Er sehe nur, dass es im Land Brandenburg noch keine funktionierende Galerieszene gibt. „Die Mehrzahl der Künstler ist nicht durch Galerien vertreten, so dass sie davon leben könnten.“ Deshalb helfe so eine Messe, an der zu 80 Prozent BVBK-Mitglieder teilnehmen, Kontakte zu knüpfen und auf sich aufmerksam zu machen.

Rainer Ehrt selbst hat das wohl weniger nötig, schließlich hatte er in diesem Jahr vier große Personalausstellungen, eine davon ist erst vergangene Woche in Glashütte eröffnet worden. Doch er findet es selbstverständlich, sich auch für seine Verbandskollegen zu engagieren. „Das ist ein Rest der Ostsozialisierung, eine der guten Seiten. Heute heißt das Lobbyarbeit, damals war es eine selbstverständliche Kollegialität, die es trotz des globalisierten Ellbogen-Verhaltens immer noch gibt.“

Für ihn als Satiriker, der sich mit Zeitkritik beschäftige, sei es aber auch interessant, so eine Messe als Grenzgebiet zwischen Wirtschaft, Politik, Medien und Kunst hautnah zu erleben. „Obwohl sich die Wirtschaft in diesem Jahr sehr zurückhielt. Wir haben keinen einzigen Sponsor aus der privaten Wirtschaft, da heißt es also, noch stärker Lobbyarbeit zu betreiben“, so der Kleinmachnower. Ehrt hofft, dass auch die Organisation künftig auf mehreren Schultern verteilt wird. „Man hört immer nur: ,Toll, wie du das machst“ und dann bleibt es an einem hängen. Klar, Künstler sind naturgemäß Einzelkämpfer, aber das Ganze ist derart aufwändig und stressig, dass einfach mehr mit ins Boot hinein gehören.“ Um den Stress schnellst möglich zu vergessen, würde sicher ein großer Besucherandrang am besten helfen, und vielleicht wird ja auch die Marke von 3000 Gästen von der ersten ART übertroffen. „Wir möchten uns jedenfalls gegen das aufgeregte Berliner ,Hauptstadttheater“ mit seinen oft nur kurzzeitig aufflammenden avantgardistischen Angeboten positionieren und unsere spannenden, soliden und in der Region verwurzelten Handschriften präsentieren, die zu Recht in die Öffentlichkeit gehören.“

Einstündige Messerundgänge mit der Kunsthistorikerin Almut Andreae können behilflich sein, sich eine fundierte Schneise durch das Künstlerdickicht zu schlagen.Heidi Jäger

Die Eröffnung ist am Donnerstag um 18 Uhr durch die Schirmherrin Kulturministerin Johanna Wanka. Die ART ist zu sehen am 16./17. November von 11 bis 20 Uhr und am 18. November von 11 bis 18 Uhr. Eintritt: 8/ ermäßigt 5 €, Abendticket ab 16 Uhr 5€. Die Rundgänge mit Almut Andreae finden an den drei Besuchertagen jeweils um 14 und um 15 Uhr statt. Treffpunkt: Kassenbereich. Buchung der Führung (3 €/Person) beim Ticketverkauf.

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