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Ganz oben. Zum ersten Mal errang ein Schüler der Potsdamer Musikschule auf einem Bundeswettbewerb Jugend musiziert 25 Punkte: Glücklicher Sieger ist der 18-jährige Potsdamer Hornist Jonas Finke.

© Andreas Klaer

Von Heidi Jäger: Leistungssportler am Horn

Jonas Finke gewann beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ die Traumnote 25

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Er hat seine Krankheit einfach weggeblasen. Heute sind Lungenentzündung und Bronchitis nur noch eine Episode aus früher Kindheit, über die der strahlende Sieger des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“, Jonas Finke, unbeschwert lächeln kann. Seine Mutter brachte ihn mit sieben Jahren zur Musikschule, nachdem sie in einer Studie gelesen hatte, dass Horn spielen gegen Atemwegsinfektionen helfen könne. Ohnehin sollte der Sohn in der musikalisch ausgerichteten Familie ebenfalls ein Instrument erlernen.

Schon als er das erste Mal das Horn an die Lippen setzte und ohne roten Kopf einen Ton herausbrachte, wusste Lehrer Jürgen Runge, dass ihm ein Talent beschieden war. „Die Begabung hängt von den Lippen ab, die leicht anschwingen müssen. Kommen noch Musikalität, Intelligenz und Konzentration dazu, ist es perfekt. So wie bei Jonas.“ Mit diesem Rüstzeug erspielte sich der 18-Jährige als erster Schüler der Städtischen Musikschule Potsdam auf einem Bundeswettbewerb die Traumnote von 25 Punkten. Dass er neben der Vorbereitung auf diesen großen Wettbewerb Anfang Juni in Essen auch noch die Abiturprüfungen bestehen musste, nahm er sportlich. „Ich habe kein Problem daraus gemacht“, sagt er mit sympathischem Selbstvertrauen.

Natürlich war die Leidenschaft zu seinem Instrument nicht immer ungebrochen. Es gab Phasen, wo die Motivation am Boden lag und es dem Einfühlungsvermögen des Lehrers oblag, wieder Lust zu schüren. Jürgen Runge kennt diese Flaute auch von anderen Schülern: „Das ist, wenn der Reiz des Neuen verloren geht.“ Doch durch das gemeinsame Musizieren im Jugendsinfonieorchester der Schule fing Jonas wieder Feuer. Dort spielte er sich vom Vierten zum Ersten Horn vor. Und auch in anderen Orchestern musiziert er fleißig mit, gastierte mit dem Landesjugendorchester Rheinland-Pfalz in Amerika oder mit der Jungen Philharmonie Brandenburg in Österreich.

Bei allen sechs Bundeswettbewerben „Jugend musiziert“, an denen er teilnahm und schon mit 12 Jahren einen zweiten Preis gewann, stand ihm Juliane Beschnidt am Klavier zur Seite. Nur beim letzten, seinem erfolgreichsten, nicht. „Sie musste sich auf ihr Studium vorbereiten und hatte nicht die Zeit, sich auch noch auf das so schwierige Wettbewerbsprogramm einzulassen.“ Denn Lehrer und Schüler wollten es wissen und griffen nach den „Sternen“. Sie nahmen sich das Zweite Hornkonzert von Richard Strauss vor, was als das schwierigste Konzert für dieses Instrument in der Musikliteratur gilt. „Vergleichbar mit einem Paganinikonzert auf der Geige. Mit dieser gezielten Überforderung konnte ich Jonas gut motivieren.“ Und so blies er sich mit großer Natürlichkeit an der Seite von Pianistin Sigrid Schmalz bis an die Spitze vor, und erhielt zudem den Sonderpreis des RBB-Kulturradios: die Aufnahme einer CD im Tonstudio. Sicher werden sie dort auch Volker David Kirchners „Tre poemi“ einspielen, die Jonas Finke ebenfalls beim Wettbewerb und auch bei seiner erfolgreichen Aufnahmeprüfung an der Universität der Künste in Berlin blies. „Eine moderne Musik, die klingt und schöne Effekte hat.“

Auch den kommenden Sommer hat Jonas schon wieder fast verplant: Er nimmt an einer Orchesterfahrt zur Musikakademie nach Rheinsberg teil, begleitet eine Opernproduktion und will einen Kammermusikkurs belegen. Als  „Leistungssportler an den Lippen“ müsse er täglich trainieren, um wie ein Marathonläufer fit zu bleiben. Gerade das Horn habe seine besonderen Tücken: „Laut Guinessbuch der Rekorde ist es das am schwierigsten zu spielende Instrument“, so Runge. Schließlich müsse der Hornist mit den wenigsten Muskeln, allein mit seiner Lippenspannung, arbeiten.“

Jonas’ Kontrastprogramm zu Mozart, Strauss oder Haydn ist Pop, Rock und vor allem die Old School des Hip Hop. Allerdings hört er die Musik meist Zuhause, für Konzertbesuche bleibt wenig Zeit. „Ich sitze viel vor dem Computer.“ Aber auch das mache reaktionsschnell und konzentrationsstark, meint sein Lehrer. Freunde bleiben dennoch nicht außen vor. Gerade jetzt beim Tanzkurs für den Abiball. Den richtigen Schritt beim Discofox zu setzen, ist nicht weniger anstrengend als der Sport am „goldenen Horn“. Mit dem er es noch sehr weit bringen möchte. Am liebsten bis zu den Berliner Philharmonikern.

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