zum Hauptinhalt
Klar und informativ. Ein Blick in die Ausstellung und in die Moderne.

© Andreas Klaer

Kultur: Licht, Luft und Sonne für alle

Ausstellung im HBPG zeigt den „Aufbruch in die Moderne. Architektur in Brandenburg von 1919 bis 1933“

Stand:

Alles ist klar gegliedert mit Blickfängen und farbigen Einsprengseln. Ganz im Sinne ihres Themas setzt die am gestrigen Donnerstag begonnene Ausstellung „Aufbruch in die Moderne. Architektur in Brandenburg von 1919 bis 1933“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte auf ein Spiel von Linien und Formen, die das Wesentliche akzentuieren.

Am Ende eines langen Tisches – gedeckt mit Fotos und Gebrauchsgegenständen – flimmern Bilder über die Leinwand, die in die 20er Jahre hineinversetzen. Da wird ausgelassen Charleston getanzt, die ersten Autos liefern sich ein Rennen, riesige Luftschiffe steigen in die Höhe. Nicht nur in der Politik weht nach dem Ende des Krieges ein hoffnungsvoller Wind. Die ganze Gesellschaft schickt sich an, einen neuen Gemeinsinn zu entfalten, mit Wohnsiedlungen im Grünen, lichtdurchfluteten Schwimmbädern und Schulen.

Auch die Architekten riechen Morgenluft, greifen zu neuen Materialien und entwickeln eine Vielzahl von Formen, die der Wilhelminischen Zeit mit ihrem Prunk und Schnickschnack den Garaus machen. Licht, Luft und Sonne für alle soll es geben, zudem kurze Wege im Haushalt, was zu den Vorläufern der Einbauküche führt. Glas und Stahl sind die Favoriten, aber auch Backstein lässt sich zu expressiven Formen türmen, wie die einstige Stadtreinigung in der Potsdamer Hebbelstraße zeigt.

38 Objekte wählten die Kuratorinnen Nicola Bröcker und Simone Oelker-Czychowski aus den über 300 Objekten im Land Brandenburg für die Ausstellung aus. Das platte Land schien für den innovativen Bauboom zwischen den beiden Weltkriegen geradezu prädestiniert. Es hatte die Nähe zur Metropole Berlin und bot genügend Freiraum für Experimente, ohne gleich ins Kreuzfeuer der Kritik zu geraten.

Leitobjekt der informativen und auch sinnlichen Ausstellung der Architektenkammer, die erstmals einen repräsentativen Überblick über den umfangreichen Bestand der Architektur der Moderne im Land Brandenburg gibt, ist der Musikpavillon Reinhold Mohrs von 1932. Er steht unsaniert auf dem Gelände des Luftschiffhafens und ist die moderne Interpretation einer Konzertmuschel, wie man sie von den Ostseebädern kennt, nunmehr in Stahl und Glas. Der Pavillon zeigt das Ineinandergreifen von Innen und Außen, wie es für die Moderne typisch ist. Auf einem Riesenfoto, im Halbrund aufgezogen, wirkt er wie das Vestibül zur Ausstellung.

Dann öffnet sich der Raum, der durch über vier Meter hohe Fahnen in sechs Sektionen gegliedert ist und mit den Auslagen auf dem Tisch korrespondiert: Er führt von gebauten Utopien über Wohnsiedlungen, Bauten der Gemeinschaft, privaten Wohnhäusern zu Industrie- und Verkehrsbauten. Und auch die Moderne nach 1933 wird angerissen, die trotz restriktiver Erlasse, wie dem Verbot von Flachdächern, vor allem im Industriebau noch unkonventionelle Lösungen ermöglichte.

Vorgestellt werden auch die Gesichter hinter den Bauten. Zudem gibt es das Modell vom Einsteinturm samt Armlehnstuhl, Relikte aus der Handwerkersiedlung Gildenhall bei Neuruppin, in der Künstler und Architekten gemeinsam lebten und arbeiteten, oder Bilder aus dem Tonfilmatelier in Babelsberg. Spannend sind auch Blicke in private Häuser wie in die Villa Frank in Geltow, die mit revolutionär großen Fensterflächen wie ein Raumschiff wirkt. Immer wieder bleibt der Blick an dem Glasbauspiel von Bruno Taut hängen, an dem man gern seine eigene Kreativität am Bau ausleben würde: mit 64 geschliffenen bunten Würfeln, Quadern oder Kugeln. Heidi Jäger

Die Schau im HBPG ist ein Projekt im Rahmen von Kulturland Brandenburg 2011 „Licht | Spiel | Haus – moderne in film. kunst. baukultur.“ Zu sehen ist sie bis 7. August. Es gibt eine Reisekarte zu den vorgestellten Bauten (3 Euro) und einen Architekturführer durch die Bauten der Weimarer Republik (19,90 Euro)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })