Kultur: Lichtempfindliche Musik
Uwe Kropinski und John Stowell im Waschhaus
Stand:
Uwe Kropinski und John Stowell im Waschhaus Es ist heimelig in der Bar im ersten Stock des Waschhauses. Die Fenster offen, die Luft lau und das Licht gedämpft. Hier steht natürlich niemand. Es wird in Grüppchen gesessen, paarweise geflüstert und der Gang zur Bar so leise wie möglich zurückgelegt. Zwei eher unauffällige Musiker sitzen in einer dafür mit passend warmem Licht ausgestatteten Nische und spielen Gitarre. Und sie sind doch zwei der Größten ihres Genres – des Gitarrenjazz. Der eine, John Stowell, spielte mit Jazzgrößen in den USA, Australien, Russland und Deutschland zusammen und stammt aus Portland/Oregon, wo sich beide auch 1991 erstmals trafen. Der andere, Uwe Kropinski, begann Mitte der siebziger Jahre mit diversen Rockprojekten, um danach in der früh wachsenden und international beachteten Jazzszene der DDR eine treibende Rolle zu spielen. Weltweite Tourneen und das Treffen mit Musikern aus allen Erdteilen prägen seinen Stil. „Rhytmus ist mir wichtig“, sagt Kropinski. Das schlägt sich dann auch nieder in der Art, wie er mit seinem Instrument umgeht. Förmlich mit der Gitarre verwachsen, streichelt er die Saiten, trommelt auf dem Korpus und entlockt ihr damit durchaus ungewöhnliche Töne, die perfekt ergänzt werden vom fast weichen, begleitenden Spiel Stowells. Beide genießen hörbar den Umgang mit Kompositionen anderer Jazzmusiker, aber auch die Adaptionen der so genannten U–Musik, wie zum Beispiel des Klassikers „somewhere over the rainbow“. Zweifellos einen Höhepunkt stellten die Eigenkompositionen der beiden Ausnahmekünstler dar. Nach der Pause erklang ein Stück, das Uwe Kropinski inspiriert von einem Gastspiel in Tansania schrieb. So griff er das erste (und auch einzige Mal) zum Gesangsmikrofon und begleitete die von Stowell rhytmisch unterlegte Komposition mit einer afrikanisch anmutenden Melodie – einer der intensivsten Momente des Abends. Wenig später erklärte Kropinski dem konzentriert zuhörenden Publikum einen wesentlichen Teil seiner Musikauffassung. So habe er sich viele Jahre neben der Gitarre auch mit der Fotografie beschäftigt, und versuche nun, das Prinzip der Lichtempfindlichkeit in die Musik zu übertragen. Das zunächst etwas sperrig anmutende Konzept gewinnt aber tatsächlich durch die Leichtigkeit und gleichzeitige Perfektion des Zusammenspiels der beiden Gitarristen Gestalt. So gelang es in den besten Momenten, das Publikum teilhaben zu lassen an dieser Idee. Bei dieser zweiten gemeinsamen Tournee ergänzen sich die der E-Gitarrist Stowell und der Akustikspezialist Kropinski hervorragend. Das Motto der gemeinsamen CD „pictures in black and white“ steht für die Unterschiedlichkeit der beiden Akteure, die jedoch nie zur musikalischen Gegensätzlichkeit wird, sondern zur Ergänzung. Dem Waschhaus ist es zu danken, dass es Podium bietet für den Jazz und damit für einen so gelungenen Abend.Robert Beckmann
Robert Beckmann
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: