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Von Klaus Büstrin: Mit „Allerweltsfoto“ berühmt

Fotografien von Max Baur in den Römischen Bädern lassen altes Potsdam lebendig werden

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Die Fotografie entstand Mitte der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Unzählige Male wurde sie als Postkarte reproduziert und als Buchillustration verwendet. Friedrich des Großen Sommerresidenz Schloss Sanssouci ging durch Max Baur von Hand zu Hand. Es wurde wohl die berühmteste Postkarten-Ansicht von Sanssouci. Das Rokoko mit all seinem Schwung, seiner lebhaften Fantasie und dem architektonischen Fabulieren kommt in dieser Aufnahme so wunderbar zur Geltung. Besonders die blühende Magnolie, die man heute vergeblich auf dem obersten Terrassenplateau sucht, gibt dem Motiv seinen besonderen Charme. Als Allerweltsfoto soll Baur die Aufnahme selbst bezeichnet haben.

Sanssouci mit seinen Schlössern und Gärten gehörte zu Max Baurs bevorzugtes Objekt, das er fotografierte. Dieser Tage wurde in den Römischen Bädern eine Ausstellung mit historischen Aufnahmen von Sanssouci sowie vom Potsdamer Stadtschloss eröffnet. Die Schlösserstiftung konnte die steins art consulting, die den Nachlass des Fotografen betreut, für die Exposition gewinnen. Auch private Sammler sind mit einigen Aufnahmen vertreten. Und somit können 70 Vintage-Fotografien, also die ersten, vom Fotografen hergestellten Abzüge, betrachtet und bewundert werden.

Der 1898 im bayrischen Günzburg geborene Max Baur erlernte den Beruf eines Verlagskaufmanns, arbeitete als kaufmännischer Angestellter einer Fotowerkstatt in Wernigerode und eröffnete ein eigenes Atelier, ebenfalls in der „bunten Stadt“ am Harz. Porträts und Ansichten vom Harz als Souvenirs gehörten zum Angebot. Das Fotografieren hat er autodidaktisch gelernt, 1934 absolvierte er die Meisterprüfung.

Im selben Jahr besuchte er in Wernigerode eines Abends mal wieder das Kino. In einem Film war der Park Sanssouci zu erleben. Baur war von der Schönheit der Schlösser und Gärten sowie der Stadt überwältigt. Er reiste nach Potsdam und schaute sich mit eigenen Augen die Schlösser, den Park und die Stadt an. „Ich stellte den Wagen kurz vor dem Stadtschloss ab und betrat durch die Marstallkolonnade den Lustgarten. Ich sah ein Bild, das ich nie mehr in meinem Leben vergessen habe: Überspannt von einem seidenblauen Himmel vor mir die Kolonnade, zur rechten das ockerfarbene Schloss mit der vergoldeten Fahnentreppe, im Hintergrund die Kuppel der Nikolaikirche und zur Linken in der westlichen Ferne der Turm der Garnisonkirche. Allein diese Ansicht brachte mich zu dem Entschluss, meine Werkstatt nach Potsdam zu verlegen“, schrieb Max Baur.

Und so siedelte er mit seiner Familie in die ehemalige Residenzstadt der Preußenkönige um, in die Eisenhartstraße 5. Und in ihr wurde er schließlich zum wohl wichtigsten Potsdam-Fotografen des 20. Jahrhunderts.

Baur übernahm auch Aufträge von der Werbebranche, machte Architektur- oder Industrieaufnahmen. Auf ihnen spürt man, dass er durch die Avantgarde und das Bauhaus beeinflusst wurde. Doch die Landschaftsfotografie stand ihm besonders nahe, auch nach seinem Weggang von Potsdam im Jahre 1953 nach Aschau im Chiemgau. Die bayrischen Schlösser und Kirchen, die Dörfer sowie die Alpen hat er in stimmungsvollen Bildern eingefangen. 1988 ist Max Baur gestorben.

Meisterhaft sind aber seine Potsdamer Parklandschaften. Welch eine wundersame Stimmung fängt Baur im Rehgarten ein, wenn das herbstliche Licht die Blätter berührt oder wenn die Sonne das kunstvolle Gitter des Mausoleums an der Friedenskirche als Schatten noch einmal zeichnet. Licht sei für uns Lichtbildner – er bezeichnete sich gern als Lichtbildner – alles, betonte er immer wieder. „Unserem Gestaltungswillen können wir dieses Licht untertan machen“, schrieb Baur.

Von romantischem Flair sind einige seiner Aufnahmen betroffen, so die winterliche Sommerresidenz auf dem Weinberg, die tief verschneit wie ein unwirkliches Feenschloss wirkt. Andere wirken dagegen strenger, der Säulengang am Sanssouci-Schloss beispielsweise, die eine Schale tragende Najade im Marlygarten oder der Säulenhof der Orangerie. Fast wie eine Grafik präsentiert sich der plätschernde Brunnen auf der Terrasse des Schlosses Charlottenhof. Max Baur hat durch seine oftmals individuelle Sichten dem Betrachter einen neuen Blick vermittelt, doch immer ist die Seele des Gebäudes oder der Skulptur eingefangen. „Er hatte ein äußerst feines Empfinden für Details und Ausführung mit einer besonderen Freude an den fließenden Rhythmen der Linien“, bemerkte der Züricher William A. Ewing.

Dem unzerstörten, doch auch dem im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs untergegangenen Potsdamer Stadtschloss galt seine Aufmerksamkeit. Mit der puren Freude eines Fotografen an den Schönheiten lichtete er das barocke Stadtpalais ab, die beeindruckenden Sichten zur Stadt und die liebevoll gestalteten Details. Mit tiefer Trauer hat Max Baur 1945 die Zerstörung seines geliebten Stadtschlosses wahrnehmen müssen. Und diese schmerzlichen Fotos wirken wie ein Requiem.

Noch bis zum 25. Juli in den Römischen Bädern, dienstags bis sonntags, 10 bis 18 Uhr

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