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Von Klaus Büstrin: Mit junger Erfindungskraft

Die Potsdamer Kunstpädagogin und Künstlerin Suse Globisch-Ahlgrimm wird heute 90

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Eine museale Stadt ist noch keine Kunststadt. Zu einer Kunststadt gehört der schöpferische eigene Beitrag der jeweiligen Zeit und ihrer Zeitgenossen. Potsdam gebricht es nicht an schöpferischen Künstlern. Im Gegenteil. Die Stadt kann mit einer ganz lebendigen Malerschaft aufwarten. Natürlich gibt es eine Reihe engagierter privater Galerien, doch ein ständiger städtischer Ausstellungsraum fehlt immer noch. Ob sich da mit der Eröffnung des Potsdam-Museums im Alten Rathaus in den kommenden Jahren etwas ändert? Die Malerin Suse Globisch-Ahlgrimm hofft dies sehr. Sie und ihr 2004 verstorbener Mann Hubert Globisch, der wohl zu den bedeutendsten brandenburgischen Künstlern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehört, haben sich immer für die Einrichtung einer stadteigenen Galerie eingesetzt.

Heute kann Suse Globisch-Ahlgrimm alle positiven künstlerischen und auch politischen Entwicklungen in Potsdam „nur“ mit ihren guten Gedanken und Wünschen verfolgen. Seit fünf Jahren ist sie nämlich wegen ihrer Krankheit, die sie mit Geduld und heiterer Gelassenheit trägt, an ihr Zuhause gebunden. Doch sie ist stets informiert. Durch das Lesen der Tageszeitung oder das Ansehen von Dokumentarfilmen im Fernsehen. Das Sich-Gedanken-Machen über unsere Zeit lässt sie sich nicht nehmen.

Am heutigen Dienstag feiert Suse Globisch-Ahlgrimm ihren 90. Geburtstag. In aller Ruhe wird sie ihn feiern. Vielleicht hört sie an diesem Tag ihre Lieblingsmusik, die aus der klassischen Epoche stammt, oder sie blättert in den zahlreichen Goethe-Bänden ihrer Bibliothek und liest ein Gedicht. Sicherlich wird sie zahlreiche Geburtstagsgrüße erreichen, auch von ihren vielen Schülern und Freunden.

Suse Globisch-Ahlgrimm war als Kunstpädagogin eine Potsdamer Autorität. Als Künstlerin hat sie immer wieder mit eigenen und immer wieder überraschenden Beiträgen zu einer lebendigen Kunststadt beigetragen. Ihre Sensibilität und Feinsinnigkeit sind stets erlebbar, doch sie entfaltet auch eine große malerische Kraft. Man spürt in ihren Bildern, dass die verschiedenen Landschaftserlebnisse prägend für sie waren. Mit Hubert Globisch unternahm sie zahlreiche Fahrten in die nähere und fernere Umgebung. Und immer sieht sie die Welt farbig. Und so ist sie auch auf den Bildern zu erleben, jedoch nicht als Abbild. „Der malerische Ausdruckswille der Suse Ahlgrimm“, schrieb der Potsdamer Kunsthistoriker Fritz Erpel, ist „Bilder zu liefern, die ein Verborgenes sichtbar machen. Vehikel in ein unentdecktes Land. Figurative Signale, Lichtzeichen und Metamorphosen, Epiphanien – Gestaltung und Umgestaltung im Prozess sowohl der reflektierten Natur wie der bildnerischen Komposition“.

In Neubrandenburg wurde Suse Globisch-Ahlgrimm 1920 geboren. Ihr Vater war Volksschullehrer. Sie wuchs hauptsächlich in Kiel auf. Dort machte sie 1939 ihr Abitur. 1940 ging es nach Berlin, denn an der dortigen Staatlichen Hochschule für Kunsterziehung studierte sie bis 1944 bei Willi Maillard und Willi Jaeckel. Daneben musste sie sich ihr Brot als Straßenbahnschaffnerin verdienen. Die Kriegswirren durchlebte Suse Ahlgrimm als DRK-Hilfsschwester in Berlin und Potsdam. 1943 entschloss sich die junge Frau, nach Babelsberg umzuziehen. Nach dem Krieg konnte sie dann endlich als Lehrerin arbeiten, zunächst an der heutigen Dortuschule am Kanal. Die bekannte Potsdamer Kunsterzieherin und Malerin Gertrud Jakstein, die zum Freundeskreis von Max Beckmann gehörte, wurde für zwei Jahre ihre Mentorin.

1957 wechselte Suse Ahlgrimm an die Helmholtz-Schule. Zwanzig Jahre war sie an dieser Erweiterten Oberschule tätig, auch hier hoch geachtet. Eine ganze Reihe ihrer Schüler erfuhr durch sie das große Wissen in Sachen Kunst. Jeder der gewillt war, sich durch die Lehrerin fördern zu lassen, dem gab sie tatkräftige Unterstützung. Der Grafiker Manfred Butzmann erinnert sich an den Unterricht seiner Lehrerin: „Durch ihre eigene künstlerische Tätigkeit wusste sie genau, wovon sie sprach, wenn sie Korrektur gab oder Spezialaufgaben, wenn der Erfolgsgewöhnte seiner Sachen zu sicher wurde: ,Manfred, zeichnen Sie doch mal eine Wendeltreppe von unten!‘ Also setzte ich mich vor das Belvedere in Sanssouci – und bekam fast eine Genickstarre davon.“

Im Jahre 1975 musste Suse Ahlgrimm die Erblindung ihres rechten Auges konstatieren. Sie verabschiedete sich als Lehrerin, doch als freischaffende Malerin und Graphikerin entwickelte sie eine enorme Vitalität. Gemeinsam mit Hubert Globisch, den sie 1983 heiratete und der wie sie ebenfalls Kunstpädagoge war, entwickelte die Künstlerin eine große künstlerische Vielseitigkeit. Und immer wieder bewundert man die erstaunlich junge Erfindungskraft der Künstlerin bis heute, im Umgang mit den Formen und in den Farben. Nichts geschieht bei ihr auf oberflächliche Wirkung hin, sondern ihre Bilder sind tief empfunden.

Ab Ende Oktober kann man Werke von Suse Globisch-Ahlgrimm in einer Ausstellung im Pavillon auf der Freundschaftsinsel wieder bewundern. Ihre ehemaligen Schülerinnen und Schüler wie Elke Bullert, Manfred Butzmann, Christiane Dorst, Wolfgang Liebert, Gisela Neumann oder Charis Schwinning werden die Jubilarin mit ihren eigenen Werken umgeben. Eine farbige Gratulationscour wird zu erwarten sein.

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