Von Almut Andreae: Nicht für den raschen Konsum geeignet Frank Gottsmanns Ausstellung „Passage“
Es braucht einen Moment, um sich in diese Bilder hineinzuschauen. Das Betrachterauge, das nach Orientierung sucht, tastet die Bildfläche nach optischen Haltepunkten ab.
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Es braucht einen Moment, um sich in diese Bilder hineinzuschauen. Das Betrachterauge, das nach Orientierung sucht, tastet die Bildfläche nach optischen Haltepunkten ab. Doch sind weder die Arbeiten auf Papier von Frank Gottsmann noch seine Malerei für den raschen Konsum geeignet. Erzählen sie doch in Andeutungen von einer inneren Welt, einer Suche des Künstlers auch, sich malend und zeichnend mit der äußeren Welt zu verbinden.
Mit einer Rückschau auf die künstlerische Entwicklung der vergangenen Jahre ist derzeit Frank Gottsmann im Brandenburgischen Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten (MWE) zu Gast. Im Rahmen der Einzelausstellung „Passage – Malerei und Arbeiten auf Papier“ zeigt der 1956 in Kleinmachnow geborene, heute in Berlin und in der Uckermark lebende Künstler Malerei und Collagen, die seit 2005 entstanden sind. Der Ausstellungstitel „Passage“ setzt Assoziationen frei, etwa an einen Durchgang oder Übergang. Genauso ist er aber für Gottsmann auch ein „künstlerischer Abschnitt seines Schaffens“. Wie die Ausstellung zeigt, hat sich der Maler und Zeichner dabei in immer neuen Variationen mit immer wiederkehrenden Grundmotiven auseinandergesetzt. Dabei spielen architektonische Elemente und Versatzstücke eine tragende Rolle, ohne dabei beschreibend zu sein.
Bildtitel wie „Nicht hier“, „Orte I“, „In der Gegend“ unterstreichen den Eindruck, dass es dem Künstler inhaltlich nicht um die Wiedergabe konkreter Örtlichkeiten geht. Eher wie Zitate einer Ansammlung von Häusern, eines Kirchturms, vielleicht auch einer Dorfstraße setzt Frank Gottsmann die Umrisse, Gebäudekonturen und Fassaden ins Bild. Weder Volumen noch Raumtiefe werden durch die meist fragilen Liniengebilde erzeugt. Die Bilder auf Papier und Leinwand schwanken zwischen Gegenständlichkeit und deren Überwindung, zwischen Verdichtung und Auflösung. Im Sitzungssaal sind großformatige Leinwände zu sehen: Kompositionen, aufgebaut aus mehreren Farbschichten. So wie in den kleiner dimensionierten Papierarbeiten schieben sich hie und da kräftige Farbformen in die Bildfläche. Sie bilden ruhige Inseln, umgeben von Bleistift- und Pinselspuren, Ritzungen und Furchen. Während Gottsmann in seiner Malerei mit dem Farbauftrag experimentiert, erprobt er in seinen Papierarbeiten die Möglichkeiten der Collage. Papier wird gerissen oder geschnitten und in die Fläche appliziert. Durch die malerische Behandlung rundet sich das Bild. Auch in diesen Papierarbeiten dominiert das Prinzip der Schichtung. Besondere Intensität im Ausdruck erreicht der Künstler in einer Reihe von fünf Kleinformaten ohne Titel aus dem Jahr 2007. Gearbeitet in Mischtechnik auf Papier handelt es sich um kontrastreiche Collagen von reizvoller Farbigkeit und Leuchtkraft.
Die Bilder von Frank Gottsmann lassen erkennen, wie sich der Künstler speziell damit auseinandersetzt, die Beziehung von Körper und Raum immer wieder neu auszuloten. Dabei ist Raum nicht zu verwechseln mit der Inszenierung von Räumlichkeit. Vielmehr wird der Bildraum malerisch und zeichnerisch als Fläche erobert und durchdrungen. In dieser agieren Körper eher wie flache Formen. Ein lebhaftes Interesse an Proportionen und Verhältnissen bestimmt diese Kunst an der Nahtstelle zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit.
Die Arbeiten von Frank Gottsmann wurden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt. Seit 1996 lehrt der Maler und Grafiker am Fachbereich Design der Fachhochschule Potsdam Grundlagen der Gestaltung und Zeichnen. Die Ausstellung mit ihm kam im Rahmen einer Kooperation mit dem Brandenburgischen Verband für Bildende Künstlerinnen und Künstler zustande. Mit der Veranstaltung von Kunstausstellungen im eigenen Haus lässt das MWE eine Tradition wieder aufleben, die den Dialog von Kunst und Wirtschaft im Blick hat.
„Zwischen diesen beiden Begriffen ist mehr Wesensverwandtschaft als viele annehmen“, hob Wirtschaftsminister Ralf Christoffers bei seiner Ansprache zur gut besuchten Eröffnung der Ausstellung kürzlich hervor. Es gelte, das Potential Brandenburgs als Kreativregion künftig noch mehr sichtbar zu machen und zu stärken. Künstler und ihre Werke befördern das Standortimage und besitzen wirtschaftlich eine eigene Marktrelevanz, führte der Minister weiter aus. Kunst und Kunstmarkt seien wichtige, zukunftsweisende Impulsgeber für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, betonte Christoffers zum Auftakt der künftig in seinem Haus regelmäßig stattfindenden Wechselausstellungen. Gezeigt werden Künstlerinnen und Künstler, die aus dem Land Brandenburg kommen oder sich durch einen anderen wichtigen Bezug zu Brandenburg auszeichnen.
Bis zum 11. März, montags bis freitags, 9-1 Uhr, im Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten, in der Heinrich-Mann-Allee 107, Haus 2, 1. Etage.
Almut Andreae
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